„Das Paradies ist anderswo“ – Stadtdekanat unterstützt Lichtinstallation von Kane Kampmann zur Severinale

26. August 2019; Hildegard Mathies

Köln, 26. August 2019 (ksd). Während Klimaaktivistin Greta Thunberg über die Weltmeere zum UN-Klimagipfel nach New York segelt und sich der 250. Jahrestag der Geburt des Naturforschers und Pioniers Alexander von Humboldt nähert (14. September 1769) lädt die Künstlerin Kane Kampmann im Rahmen der Severinale in der Kölner Kirche St. Severin dazu ein, sich auf die Suche nach dem Paradies zu begeben. „Das Paradies ist anderswo – Humboldt’s Cosmos“ heißt die multimediale Lichtinstallation, die am Freitag und Samstag, 30. und 31. August 2019, jeweils von 21 bis 24 Uhr, den ganzen Kirchenraum erfüllen und die Besucher einbeziehen wird. Unterstützt wird der Beitrag in Kooperation mit der katholischen Gemeinde St. Severin vom Katholischen Stadtdekanat Köln.

Flüsse, Pflanzen, aber auch neuronale Netzwerke und Poesien – Worte und Textauszüge – gleiten in der Installation durch den gesamten leergeräumten Kirchenraum bis hinauf in das filigrane Netzgewölbe. Der Besucher findet sich inmitten dieser Schöpfung wieder – und wird ein Teil davon, wenn die Projektionen auch über sein Gesicht, seinen Körper wandern. „Der Mensch empfindet das Getrenntsein in der heutigen Zeit ganz besonders deutlich, in London wurde unlängst das ,ministry of loneliness’ gegründet“, sagt Kane Kampmann, die als Künstlerin unter dem Namen Kane firmiert. „ Wir sollten versuchen, uns wieder mehr zu verbinden, mit der Natur, dem Universum und miteinander.“

Über die Kunst als Medium will die Kölnerin genau diese Verbindungen herstellen. Und es funktioniert, wie die Reaktionen auf bisherige Aufführungen zeigen. Seine Premiere hatte „Das Paradies ist anderswo“ 2017 zur Wiedereröffnung von St. Severin nach einer umfangreichen Sanierung. Damals sahen mehr als 3000 Menschen die Installation an zwei Abenden. Das „zweite Paradies“ zog dann an Weihnachten 2017 ebenso viele Besucher in die Kirche St. Michael am Brüsseler Platz. Viele zeigten sich berührt, bewegt und begeistert von der Installation – egal, ob Jung oder Alt, kirchennah oder der Kirche eher fernstehend. „Ich bin froh, das erlebt zu haben“, „Ich hätte bis in die Nacht hinein sitzen bleiben können“ oder „Die Installation eröffnete einen faszinierenden Raum“ , lauteten einige der Reaktionen.

Wissenschaft und Spiritualität verbinden

Zu der Multimedia-Installation, die jedes Mal etwas anders verläuft, gehören auch Rezitationen und Live-Musik. Begleitet wird Kane Kampmann von Janina Wittmann, die die Rezitation von Humboldt-Texten übernimmt, sowie von dem georgischen Pianisten Shota Jinsharadze und dem aus Brasilien stammenden und in Deutschland lebenden Musiker Régis Patrick Floréncio am Kontrabass. Beide improvisieren zu der Projektion, komponieren aber auch eigens für den Anlass Teile der Musik.

Kane will mit ihrer Installation nicht nur den Kirchenraum neu erlebbar machen. Sie will Wissenschaft und Kultur, Religion und Spiritualität verbinden. Nicht von ungefähr hat sie Humboldt ausgewählt. „Er war anerkannter Wissenschaftler und Kosmopolit, war einer der Ersten, der schon damals vor der Abholzung der Wälder warnte und deren negative Auswirkungen auf das Klima. Und er war ein Visionär“, sagt die Künstlerin, zu deren Portfolio zahlreiche nationale und internationale Projekte gehören. „Humboldt hat schon damals sinngemäß gesagt: Eines Tages wird der Mensch auf der Suche nach neuem Lebensraum in den Weltraum fliegen, aber wird seine ganzen Machtgelüste, seine Gier und alles mitnehmen und die ,neue Erde‘ genauso zerstören wie die alte.“ Kanes Projektion folgt Humboldts Reisen von seinem Ausgangspunkt Spanien über Teneriffa bis zu den größten Wasserläufen der Erde in Südamerika.

Kane ist es wichtig, dass sich die Besucherinnen und Besucher als Teil der Installation erleben. Sie verzichtet auf technische Rafinesse, bedient  die Projektoren manuell, ist mit ihrem Team anwesend. Die Musiker spielen live. „Ich möchte einen Raum schaffen, in dem die Besucher imaginieren und ihren eigenen Assoziationen nachgehen können“, erklärt die Künstlerin. „In der Dunkelheit der Projektion wird der Betrachter anonym und zugleich Teil eines Gesamtgebildes. Ich will die Menschen vor allem emotional berühren, denn mit dem reinen Verstand haben sich die Dinge nie verändert.“ Und sie zitiert Johann Wolfgang von Goethe: „Wissenschaft ohne Poesie ist nichts."

Es geht Kane Kampmann vor allem auch um die Frage und die menschliche Ursehnsucht nach dem Paradies: Wo ist das Paradies? Gibt es das Paradies noch? „Brauchen wir die Vorstellung vom Paradies, um den Alltag hier zu ertragen?“, fragt sie. Das Absurde sei, dass viele Menschen aus dem Westen etwa auf der Suche nach dem (Urlaubs-)Paradies in die Südsee flögen – es aber genau dadurch, durch die Belastung der Umwelt, allmählich zerstörten. Während für Menschen aus anderen Kulturen der Westen mit seinen vermeintlichen Shopping-Paradiesen die Erfüllung ihrer Sehnsüchte und Träume bedeute. „Letztlich kann man sagen: Das Paradies ist immer anderswo“, sagt Kane Kampmann. „Vor allem aber in uns selbst.”

Es geht Kane nicht darum, dass der Mensch die Flucht aus seiner eigenen Umwelt antritt. Mit ihrer Installation verbindet die Künstlerin auch einen Appell, dass jeder das Paradies um ihn herum (neu) entdeckt – und sich für seinen Erhalt einsetzt. „Alexander von Humboldt kämpfte für einen gefährdeten Planeten und für gefährdete Kulturen“, erklärt sie. „Und damit auch für ein schon damals gefährdetes Paradies. Sein globaler Blick auf die Welt und seine vorbehaltlose Offenheit gegenüber Menschen fremder Kulturen machen ihn für uns heute relevant. Sie erinnern uns an ein vielleicht schon verlorenes Paradies – aber auch daran, was der Einzelne bewegen kann, wenn er sich vernetzt und wenn man sich gegenseitig unterstützt.“

Info

Gezeigt wird die Multimedia-Installation „Das Paradies ist anderswo – Humboldt’s Kosmos“ im Rahmen der Severinale an St. Severin, Köln, am Freitag, 30., und Samstag, 31. August, jeweils von 21 bis 24 Uhr. Die Kölner Südstadtgemeinde lädt vom 30. August bis 15. September 2019 dazu ein, die Kirche neu zu erleben. Die „Severinale“ statt bietet ein vielfältiges Programm in dem komplett leergeräumten Gotteshaus am Severinskirchplatz. Es reicht von der eindrucksvollen Lichtinstallation Kane Kampmanns über ein Mitsingkonzert mit dem bekannten Kölner Musiker Björn Heuser bis zur Entdeckungstour für Wohnungslose und der Severinusmesse mit Prozession. Mehr unter www.st-severin-koeln.de; www.kane.de.

„Das Paradies ist anderswo – Humboldt’s Cosmos” wird auch zu Weihnachten zu sehen sein: an Heiligabend, 24. Dezember, sowie am ersten Weihnachtstag, 25. Dezember, jeweils von 21 bis 24 Uhr, in der Herz-Jesu-Kirche am Zülpicher Platz.

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