„Der Weg zu Gott ist unversperrt“: Stadtdechant Robert Kleine fordert eine solidarische Kirche der offenen Türen

5. Dezember 2021; ksd

Köln. Eine hilfreiche und solidarische Kirche der offenen Türen forderte Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine jetzt in der Jahresabschlussmesse der kfd, der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands im Erzbistum Köln, deren Diözesanpräses Kleine ist. Gleichzeitig warnte er vor einer Wagenburgmentalität in der katholischen Kirche.

Viele Menschen finden sich in ihrer Lebenssituation vor oder hinter verschlossenen Türen wieder, so Kleine in seiner Predigt im Kölner Dom. Nicht nur Inhaftierte oder psychisch traumatisierte Menschen, erklärte der Stadtdechant ausgehend von Bezügen auf Dietrich Bonhoeffer und das Borchert-Drama „Draußen vor der Tür“. „Wer ist heute draußen vor der Tür, auch hier vor unserem Dom?“, fragte Kleine und nannte Beispiele: „Die wohnungslosen Menschen, die auf unseren Straßen und Plätzen frieren. Draußen vor der Tür sind die Menschen, die Hab und Gut, ihre Wohnung, ihr Haus verloren haben in den Flutgebieten. Draußen vor der Tür sind die Menschen, die in dieser Pandemie voller Angst und Sorgen sind um ihre Existenz, auch beruflich, und um ihre Gesundheit, die in Sorge sind um ihre Lieben oder Menschen verloren haben. Draußen vor der Tür sind auch die, die innerhalb der Kirche Opfer sexualisierter Gewalt wurden und denen offene Türen und offene Ohren viel zu lange vorenthalten wurden.“

 

Die Zukunft der Kirche hängt von Offenheit und Öffnung ab

 

Es sei die Aufgabe von Kirche, sich dieser Türen anzunehmen und zu helfen, Türen die verschlossen sind, von außen zu öffnen, so der Stadtdechant. „Die Menschen, die sich von innen an Türen stoßen, sind schon genug belastet. Eine hilfreiche, solidarische Kirche an ihrer Seite zu erleben – wäre das nicht eine tolle Erfahrung?“ Die Realität aber sehe oft anders aus: „Leider machen ja nicht wenige die Erfahrung, dass ihnen die Türen in der Kirche verschlossen bleiben oder Türen vor der Nase zugeschlagen werden.“ Kleine weiter: „Die zukünftige Gestalt von Kirche in unserem Land und weltweit hängt davon ab, ob die Kirche ihre Tür einladend für die Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen und Lebensformen öffnen wird. Oder ob sie weiter Türen zu lässt oder zustößt, um sich in einer Art Wagenburgmentalität von der Realität der Menschen und damit auch von den Menschen selbst abzuschotten.“ Es wird deutlich, dass die Zukunft der Kirche insgesamt für den Kölner Stadtdechanten auch von dieser Offenheit und von der Öffnung der Kirche abhängt.

Jesus Christus habe die Tür zu Gott geöffnet und sie lasse sich nie wieder schließen, so Kleine mit Bezug auf die Offenbarung des Johannes, die in der Bibel überliefert ist: „Der Weg zu Gott ist unversperrt“, betont Kleine. Das Türenöffnen sei immer eine gemeinsame Aufgabe der Christinnen und Christen mit Jesus Christus. „Tragen wir Licht vor allem auch zu den Menschen, die meinen, Türen blieben verschlossen“, spricht der Stadtdechant und kfd-Diözesanpräses nicht nur die Frauen des größten katholischen Verbandes an, sondern alle Christinnen und Christen.

 

Balance zwischen Engagement und Selbstfürsorge

 

Mit Blick darauf, dass gerade Frauen oft dazu neigen, ihre eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen und allen anderen unterzuordnen, rief Kleine die kfd-Frauen auch dazu auf, die Balance zwischen Engagement und Eigenliebe nicht aus dem Blick zu verlieren. „Auch Jesus hat sich ja zurückgezogen in die Wüste, um Kraft zu tanken und zu beten, um dann wieder Türen für uns öffnen zu können“, so Kleine. „Nachfolge heißt auch, diese Balance zu kennen, sich nicht zu verausgaben, sondern auch auf sich zu achten und dennoch wachsam zu sein für diejenigen, die draußen vor der Tür sind.“ Das meine Jesus, wenn er das Gebot der Liebe bezeichne als Dreiergebot, als Dreiklang: „Du sollst Gott lieben und den Nächsten – wie dich selbst. Dass wir auch auf uns selber achten. Wer gibt, muss auch selber etwas bekommen. Und wenn wir selbst zu uns stehen, wenn wir uns selber lieben können mit unseren Charismen und Talenten, auch mit unseren Schwächen und Fehlern, weil wir wissen, dass Gott uns liebt, dann können wir diese Liebe weitergeben an andere Menschen.“

 

Msgr. Robert Kleine ist (mit einer kurzen Unterbrechung) seit 2004 Diözesanpräses der kfd im Erzbistum Köln. Darüber hinaus ist er bei den diesjährigen Wahlen erneut zum Berater der Kommission „Frauen in Kirche und Gesellschaft“ der Deutschen Bischofskonferenz, einer Unterkommission der Pastoralkommission, gewählt worden.

 

www.kfd-koeln.de

 

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