Die Schatten-Märtyrer: Sabine und Mathias Bonhoeffer erinnern an die Widerstandskämpfer Klaus Bonhoeffer und und Rüdiger Schleicher

23. April 2020; ksd

 

Köln (apk). Am 9. April jährte sich der Todestag des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer zum 75. Mal. Der Pfarrer war 1945 als Widerstandskämpfer im KZ Flossenbürg von den Nationalsozialisten hingerichtet worden und ist noch heute ein Symbol aufrechter christlicher Haltung. Er wird von evangelischen wie katholischen Christen verehrt. Weniger bekannt ist, dass sein älterer Bruder, der Jurist Klaus Bonhoeffer, wie auch sein Schwager Rüdiger Schleicher, der ebenfalls als Jurist tätig war, aktiv gegen das Regime der Nationalsozialisten kämpften und sich schon Anfang der 1930er-Jahre in Widerstandsgruppen vernetzt hatten.

Klaus Bonhoeffer und Rüdiger Schleicher wurden in der Nacht zum 23. April 1945 in Berlin durch Genickschuss hingerichtet. An diese beiden Männer erinnert nun der Kölner Pfarrer und Großneffe der beiden, Mathias Bonhoeffer, zusammen mit seiner Ehefrau Sabine Bonhoeffer in einem Film. Die beiden erzählen darin aus der Familiengeschichte und lesen aus „Letzte Briefe aus dem Widerstand“, die von Eberhardt und Renate Bethge herausgegeben wurden. Renate Bethge war die Tochter von Rüdiger Schleicher. Die Briefe sind voll mit Zitaten aus dem engsten Familienkreis der Bonhoeffer-Familie. Unterstützt werden Mathias und Sabine Bonhoeffer durch Thorsten Levin und Kantor Thomas Frerichs.

Pfarrer Mathias Bonhoeffer, Jahrgang 1958, hat seine Großonkel nie erlebt. Doch erinnert er sich, dass die Widerstandskämpfer in der Familie durchaus ein Thema waren. So erzählt er, dass auch seine Eltern ihm, mit Blick auf die Familiengeschichte, Werte wie Toleranz, Verantwortung und Respekt vermittelt haben und sich sein Vater als Friedensaktivist engagierte. Werte, die Klaus Bonhoeffer in seinem Brief zu Ostern 1945 an seine Kinder Thomas, Cornelie und Walter thematisiert und als essenziell für ein gerechtes und weitherziges Leben hervorhebt.

Pfarrer Mathias Bonhoeffer ist es ein Anliegen, Klaus Bonhoeffer aus dem Schatten seines jüngeren Bruders heraustreten zu lassen und ebenso Rüdiger Schleicher ins Gedächtnis der Menschen zurückzubringen. „Dietrich Bonhoeffer ist als Gegner der Nationalsozialisten in späteren Zeiten deutlich stärker wahrgenommen worden. Die anderen Widerstandskämpfer kommen dadurch immer ein Stück weit zu kurz. Sie sind stets im Schatten des viel zitierten und weltweit bekannten Theologen geblieben“, sagt Mathias Bonhoeffer. Dabei waren sie schon früh sehr stark am aktiven Widerstand beteiligt gewesen: „Ihr Einfluss und ihre Bedeutung sind nicht zu unterschätzen.“

Klaus Bonhoeffer wird von seinem Bruder Karl Friedrich als liberaler Christ und Mann von leidenschaftlichem Gerechtigkeitssinn beschrieben. Rüdiger Schleicher zeichnete sich durch Warmherzigkeit, Mitgefühl und Güte aus. Beiden wurde früh klar, dass gegen ein Regime, wie das von Adolf Hitler, aktiv Widerstand geleistet werden musste. „In diesen letzten Briefen der beiden Männer an ihre Familien wird ihre Haltung, wird ihr Wesen sehr deutlich“, sagt Mathias Bonhoeffer. Es seien enorm starke Texte, voller Liebe zu den Menschen, geprägt von Moralität und dem festen Glauben an Gott.

Die Lesung der Texte im Film endet mit den Namen der Männer, die mit Rüdiger Schleicher und Klaus Bonhoeffer den Tod fanden, weil sie sich für Freiheit und Gerechtigkeit, für Toleranz und gegen Unmenschlichkeit eingesetzt haben: „In der Nacht zum 23. April 1945 werden mit Rüdiger Schleicher und Klaus Bonhoeffer auch Hans Ludwig Sierks, Carl Adolf Marks, Wilhelm zur Nieden, Richard Kuenzer, Friedrich Justus Perels sowie Hans John aus dem Gefängnis Lehrter Straße gezerrt, und anschließend in einem Bombenkrater, des sich ebenfalls in der Nähe des Dorotheenstädtischen Friedhofs befindet, jeweils durch Genickschuss von der SS ermordet. Dort befindet sich heute eine Gedenkstätte für die Ermordeten. Später wurden die Namen Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi hinzugefügt, deren Gräber unbekannt sind.“

 

Der Film „Die Schatten-Märtyrer“ ist auf der Website des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region abrufbar.

 

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