Drei Könige auf der OB-Amtskette und eine Replik der DFB-Meisterschale: Sonderausstellung zu Elisabeth Treskow in der Kölner Domschatzkammer

25. April 2024; ksd

 

Köln (dsk/ksd). Vom 20. April bis zum 25. August 2024 ist in der Bibliothek der Kölner Domschatzkammer eine Sonderausstellung zu der bedeutenden Kölner Gold- und Silberschmiedemeisterin Elisabeth Treskow (1898-1992) zu sehen. Anhand einer vielfältigen Auswahl von Exponaten wird das Werk der Künstlerin von den Anfängen bis in die 1960er-Jahre präsentiert. Sakralen Schatzstücken werden dabei auch weltliche Werke Treskows gegenübergestellt, wie die Amtskette der Kölner Oberbürgermeister oder die Meisterschale für den Deutschen Fußball- Bund (in der Ausstellung als Replikat) von 1948-1949.

Elisabeth Treskow war eine der bedeutendsten und produktivsten deutschen Goldschmiedinnen ihrer Zeit, die sich bereits als junge Frau in dem damals noch traditionell von Männern dominierten Handwerkszweig der Gold- und Silberschmiedekunst behaupten konnte. Es gelang ihr, einen ganz eigenen Stil zu entwickeln, der vom Ideal der sachlichen Form und von der Loslösung von historisierenden Dekoren geprägt war. Ihre Werke bestechen daher durch wohlproportionierte Gestaltung, sparsame Verzierung und ihre perfekte handwerkliche Ausführung. Ihre künstlerische Bandbreite war groß und umfasst silberne Tafel- und Kleingeräte ebenso wie liturgische Gefäße und Reliquiare, Schmuck für private Auftraggeberinnen und Auftraggeber wie auch Insignien für kirchliche und weltliche Würdenträger.

 

Anwendung etruskischer Technik

 

Ausgelöst durch ihr Interesse an antiker Kunst und Literatur widmete sie sich speziell dem Studium der etruskischen Kunst, und sie entdeckte für sich die von den Etruskern angewandte Technik der Granulation. Dabei werden feine, zum Teil staubkorngroße zu Ornamenten oder figürlichen Darstellungen angeordnete Goldkügelchen auf einen Metallträger aufgelötet, ohne im Feuer zu schmelzen. Gerade mit dieser Technik bringt man Elisabeth Treskows Arbeiten in Verbindung. Einer ihrer repräsentativsten weltlichen Aufträge war der Entwurf und die Anfertigung der Amtskette für die Kölner Oberbürgermeister in den Jahren 1954-1955. Der zweifellos populärste Auftrag war 1948-1949 die Herstellung der Meisterschale für den Deutschen Fußball-Bund.

 

Der Dreikönigenschrein als Zeichen der Hoffnung nach dem Krieg

 

Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine erinnerte in seinem Amt als Domdechant bei der Eröffnung der Sonderausstellung am Dreikönigenschrein an die Geschichte von Stadt, Dom und Goldschmiedemeisterin. Als 1948 das 700-jährige Jubiläum zur Grundsteinlegung des gotischen Chors bevorstand, lag die Stadt Köln in Trümmern. „Auch der Dom war im Zweiten Weltkrieg schwer getroffen worden, doch rechtzeitig zum Domjubiläum hatte man es geschafft, zumindest Chor und Querhaus wiederherzustellen und sie für den Gottesdienst zugänglich zu machen“, so Kleine. „So zog man am 15. August 1948 in einer feierlichen Prozession mit sämtlichen Kölner Reliquienschreinen, einschließlich des Dreikönigenschreins, durch das Querhausportal in den Dom ein.“

Als Zeichen der Hoffnung nach den Entbehrungen des Zweiten Weltkrieges wurde zum ersten Mal auch der Dreikönigenschrein in einer Prozession durch die Straßen von Köln gefahren. „Um das überhaupt ermöglichen zu können, wandte sich das Domkapitel selbstverständlich an die Goldschmiedin, die 1948 zur Leiterin der Gold- und Silberschmiedeklasse an den Kölner Werkschulen berufen worden war, nämlich Elisabeth Treskow, und beauftragte sie mit der Wiederherstellung und der provisorischen Restaurierung des Dreikönigenschreins.“ Dieser hatte wegen seiner Auslagerung im Zweiten Weltkrieg und der damit verbundenen zahlreichen Transporte massive Schäden erlitten. „Auseinandergebaut und in Kisten verpackt war er während der letzten Kriegstage sogar hier im Dom selbst im Sakristeikeller, der heutigen Schatzkammer, eingelagert“, erzählte Kleine.

Elisabeth Treskow blickte damals bereits auf eine langjährige Berufstätigkeit als Goldschmiedin in Essen zurück, wo sie bis 1943 eine große Werkstatt mit fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betrieb. Die Restaurierungsaufgabe für den Schrein übernahm sie gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern der Kölner Werkschulen. Kleine: „Rechtzeitig zu den Feierlichkeiten im Dom fand der Dreikönigenschrein hinter dem Hochaltar im Binnenchor der Kathedrale seine Aufstellung und erstrahlte in neuem Glanz. Und da steht er bis heute.“

Kleine dankte auch allen Leihgeberinnen und Leihgebern und sagte dabei – als bekennender FC-Fan – mit einem Augenzwinkern in Richtung der Vertreter des 1. FC Köln, den Geschäftsführern Dr. Christian Keller und Philipp Türoff. „Erster Meister nach der Gründung der damals neuen Spielklasse Erste Bundesliga war 1964 der 1. FC Köln. ,Wenn du die Meisterschale überreicht bekommst, dann bist du Meister.‘ Dieses Zitat stammt von keinem Geringeren als Deutschlands Fußballkaiser Franz Beckenbauer. In unserer Ausstellung sehen wir eine Kopie der Meisterschale aus dem Besitz unseres 1. FC Köln. In einigen Wochen wird das Original dem neuen Deutschen Meister überreicht werden, leider auf der anderen Rheinseite. Aber die Hoffnung und die Zuversicht bleiben, dass die Schale auch im Original einmal an ihren Entstehungsort und an die Wirkungsstätte ihrer Schöpferin zurückkehren wird, in Jahren oder Jahrzehnten…“

 

„Mich bewegt dieser Moment sehr“

 

Fast live dabei waren die Besucherinnen und Besucher der Ausstellungseröffnung, als das letzte Glanzstück der Sonderausstellung sich in die Exponate einreihte. Zwar durften sie nicht mit, als die Amtskette von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker in die Vitrine gelegt wurde, aber sie konnten diese zuvor noch direkt an der Amtsträgerin bewundern. Reker trug die Kette zur Ausstellungseröffnung im Kölner Dom.

Dort, wo – wie sie betonte – nur wenige Menschen sprechen dürfen „und noch weniger Frauen“, sprach Reker sehr persönlich über die Insigne ihres Amtes. „Mich bewegt dieser Moment sehr. Denn im Seelenleben meiner Mutterstadt und auch in meinem Seelenleben hat der Dom einen ganz besonderen Platz. Ich mache daher gerne die protokollarische Ausnahme und trage die Amtskette der Stadt Köln hier und heute zur Eröffnung einer Ausstellung, in der eben dieses Hauptwerk von Elisabeth Treskow nicht fehlen darf. Gerne überlasse ich dieses Kunstwerk der Domschatzkammer dafür.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg sei die Stadt „zunächst schmucklos, ohne Macht-Attribute, regiert“ worden. Die goldene Amtskette aus preußischer Zeit sei beim Bombardement des Rathauses zerschmolzen „und ein nachträglich hinzugefügtes Symbol der Nationalsozialisten gleich mit“, erzählte Reker. „ Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte man in unserem Köln, in dieser zerstörten Stadt, sicher andere Probleme als sich Gedanken über eine Amtskette zu machen. Erst 1953 wertete ein Ratsmitglied das Fehlen einer Amtskette erstmals als Makel. Peter Joseph Schaeven wollte nicht einsehen, den Oberbürgermeister ,einfach so in Zivil herumlaufen zu lassen‘, wenn Takt, guter Geschmack und feierlicher Anlass doch eigentlich ein repräsentatives Symbol gebiete.“

Es habe rund ein Jahr gedauert, bis die Uneinigkeit im Rat überwunden wurde und Elisabeth Treskow mit der Ausführung einer Oberbürgermeisterkette beauftragt wurde. Ihr sei keine andere deutsche Stadt bekannt, die in ihrer Amtskette durch Münzen als metallene Zeitzeugen 2000 Jahre Stadtgeschichte erzählen könne, so die Oberbürgermeisterin. Das hebe die Kette deutschlandweit heraus.

„Beim Betrachten fällt der Blick zuallererst auf die Darstellung unserer Stadtpatrone, auf die Heiligen Drei Könige. Es ist sicherlich besonders, dass die Heiligen Drei Könige Christus und die Muttergottes anbeten“, betonte Reker. Die Heiligen Drei Könige stehen auf einer Goldleiste, die das Römerturm-Motiv aufgreift, darunter befindet sich das Stadtwappen. „Schon hier am Brustschild kommt beinahe alles zusammen, was Köln geprägt hat, das Römische, das Christliche und meiner Ansicht nach auch die Freude an der Vielfalt“, sagte die OB. „Dafür stehen die Drei Könige oder auch die Weisen aus dem Morgenland, die ja, je nach Deutung, die damals bekannten Kontinente repräsentieren.“

Die Kette verkörpert die Stadt Köln, betonte Reker. „Ich persönlich sehe aber noch einen weiteren Aspekt, der vielleicht von meinen Amtsvorgängern nicht wahrgenommen wird: das ist die weibliche Seite unserer Mutterstadt, was mir als erster Oberbürgermeisterin Kölns natürlich am Herzen liegt. Die Kette wurde zwar für Männer gemacht, von Männern erdacht und von Männern beauftragt – dank Elisabeth Treskow trägt sie jedoch eine weibliche Handschrift. Ich habe mich mit dem Gedanken immer wohlgefühlt, dass die erste Frau an der Spitze der Stadt das Werk einer Pionierin in ihrer Zunft tragen kann. Weitere weibliche Aspekte der Kette finden sich in den Münzen, etwa das Goldstück, das unsere Stadtmutter Agrippina die Jüngere zeigt, die Köln zu Höherem und zu den römischen Stadtrechten verhalf. An prominenter Stelle hängt zudem der sogenannte Ursula-Taler, der auf unsere Stadtpatronin verweist und damit darauf, dass Frauen bei der Entwicklung Kölns eine entscheidende Rolle innehatten. Ich trage die Kette mit Haltung und einer gewissen Demut. Mit der Kette ist es wie mit dem Amt: es hat Gewicht, ist jedoch niemals eine Last.“

 

Zur Ausstellung ist im Kölner Domverlag ein Katalog erschienen. 

 

www.koelner-domschatzkammer.de

 

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