Dreikönigsempfang 2023: Klare Worte zur Krise der Kirche und zu gesellschaftlichen Problemen

10. Januar 2023; ksd

 

Köln. Klare Worte zur Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise in der katholischen Kirche, zur aktuellen Lage im Erzbistum Köln und zu politisch-gesellschaftlichen Problemen: davon war der Dreikönigsempfang 2023 geprägt, zu dem traditionell der Katholikenausschuss in der Stadt Köln und das Katholische Stadtdekanat Köln Gäste aus der Stadtgesellschaft, aus Politik und Kirche, Institutionen und Verbänden sowie den Medien einladen. Sowohl Stadtdechant Msgr. Robert Kleine als auch der Vorsitzende des Katholikenausschusses, Gregor Stiels, und Oberbürgermeisterin Henriette Reker bezogen Position zu drängenden Problemen und aktuellen Fragen von der Kirchenkrise und dem Ukrainekrieg über den Klimawandel bis zum Wohnraummangel in der Domstadt. Erstmals fand die Veranstaltung im Erzbischöflichen Berufskolleg statt.

 

„Tiefe Risse, die durch unser Erzbistum gehen“

 

Die „enorme Glaubwürdigkeitskrise und der immense Vertrauensverlust“, den die katholische Kirche durch Verbrechen an Kindern und Jugendlichen sowie den Umgang mit Tätern „nicht erlitten, sondern selbstverschuldet hat“ nannte Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine als Hauptgrund für die weiterhin steigende Zahl von Kirchenaustritten. Die Austrittszahlen in der katholischen wie in der evangelischen Kirche in Köln werden für das Jahr 2022 auf ein neues Rekordniveau steigen, gab Kleine die aktuellen Berechnungen und Prognosen wieder.

Er zitierte aus den vergangenen Fastenhirtenbriefen des Kölner Erzbischofs, Kardinal Rainer Maria Woelki, um die Problematik zu verdeutlichen: „Und dann sind da tiefe Risse, die durch unser Erzbistum gehen. (…) (I)ch spüre sie jeden Tag: den Verdacht von Vertuschung im Kontext der Aufarbeitung von Machtmissbrauch, sexualisierter Gewalt und pädophilen Verbrechen. Den gravierenden Vertrauensverlust. Die fehlende Akzeptanz und die Frustration, weil wir in unserer pastoralen Entwicklung nicht so vorankommen, dass wir uns wirklich miteinander auf dem Weg wissen.“ (Fastenhirtenbrief 2021)

Ein Jahr später, nach der sechsmonatigen Auszeit des Erzbischofs, seien die Risse nicht geheilt gewesen. Kardinal Woelki habe im März 2022 nach eigenen Worten bei den Gläubigen wahrgenommen: „ Verunsicherung, Unverständnis, Misstrauen bis hin zur Ablehnung meiner Person sowie einer gewissen Sorge im Hinblick darauf, wie es bei uns im Erzbistum weitergehen wird.“ Woelki formulierte in seiner Diagnose: „Es tut mir leid, dass diese Zeit für viele Menschen in unserer Kirche eine so belastete Zeit ist. Und ich weiß und es schmerzt mich, dass auch ich für diese Situation Verantwortung trage.“ (Fastenhirtenbrief 2022)

Erfreulicherweise sei der Erzbischof über die Diagnose hinausgegangen und habe „selber Hinweise auf nötige Therapie-Schritte“ gegeben, als er vor einem Jahr auch schrieb: „Das betrifft Zusammenhänge von Beteiligung und Leitung, Möglichkeiten der pastoralen Entwicklung sowie notwendige Reformen in der Kirche bis hin zu systemischen Veränderungen, welche die Realitäten von sexuellem, geistlichem und strukturellem Missbrauch auch mir aufgeben.“ (Fastenhirtenbrief 2022) Und weiter: „Ja, ich weiß um den Missbrauch in seinen verschiedenen Dimensionen. Ich weiß um den ungenügenden Umgang damit, um Fehlverhalten von Verantwortlichen insgesamt und um Irritationen in der Kirche in Deutschland und der Weltkirche – bis hin zu einer reformbedürftigen Kommunikation und Verkündigung des Glaubens, die heute zu oft am Leben der Menschen vorbeigeht. Ich weiß, dass diese Zusammenhänge zum Kern dessen gehören, was aktuell viele Menschen in der Kirche bewegt und belastet, verzweifelt macht.“ (Fastenhirtenbrief 2022) – „Das ist eine klare Analyse und ein klarer Hinweis auf anzuwendende therapeutische Maßnahmen“, so Msgr. Kleine.

 

„Mütende“ Menschen und notwendiger Mut zu Reformen

 

Ein knappes Jahr später erlebt der Stadtdechant in vielen Gesprächen, Begegnungen und Anfragen an ihn „weiterhin starke und sich ausweitende Risse“, wie er berichtet. „Seit Jahren und Jahrzehnten kirchlich engagierte Menschen aus dem Inner Circle unserer Gemeinden ziehen sich resigniert zurück oder treten sogar aus der Kirche aus. Der Begriff ,mütendʻ macht die Runde in Gemeinden, Verbänden sowie unter kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: müde und wütend zugleich.“

Als Gründe gibt Kleine wieder:

Weil Papst Franziskus seit zehn Monaten nicht über den angebotenen Rücktritt von Kardinal Woelki entscheide, „was in erster Linie für den Erzbischof, aber auch für die Menschen in unserem Erzbistum eine Zumutung ist“.

Weil monatlich Missbrauchsgutachten in deutschen Bistümern veröffentlicht werden, „die Fehlverhalten und Unterlassungen zutage bringen, aber sich keiner der darin benannten Verantwortlichen hinstellt, seine Fehler klar eingesteht sowie die Betroffenen um Entschuldigung bittet und danach persönliche Konsequenzen zieht“.

Weil die bereits im Jahr 2018 von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebene MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch an Minderjährigen in der deutschen Kirche „klare Maßnahmen benannt hatte, die der Synodale Weg aufgegriffen und geprüft hat, die aber nicht von allen Synodalen, schon gar nicht von allen Bischöfen als sinnvoll, notwendig und heilsam anerkannt wurden und deshalb abgelehnt wurden“.

„Weil manche befürchten, der Weggang Tausender werde von einigen hingenommen quasi als Kollateralschaden auf dem Weg zu einer katholischen Kirche, die dann aber Abschied genommen hat von der Herde, bei der Jesus Christus dem einen verlorenen Schaf hinterhergeht…“

Weil nicht wenige Menschen den Eindruck hätten, „dass die Realität nicht wahrgenommen, der Ernst der Lage verkannt wird“, erläuterte Kleine seine Erfahrungen. „War schon Corona ein tiefer Einschnitt in das Leben unserer Gemeinden, so wirkt die anhaltende Glaubwürdigkeitskrise geradezu toxisch. Hier hilft nur ein starkes Gegenmittel: Transparenz gepaart mit Klarheit, Mut zu nötigen Reformen, Demut und Empathie, aber auch Glaubensfreude.“

 

Einsatz für Frieden und Menschenrechte

 

Der Kölner Stadtdechant blickte jedoch nicht nur auf die innerkirchlichen und bistumsinternen Vorgänge und Krisen, sondern lenkte – direkt zu Beginn seines Vortrages – den Blick auch auf die Menschen in der Ukraine und die von dort Geflüchteten, auf die Menschen, deren Leib und Leben, Freiheit und Rechte etwa in Afghanistan und im Iran sowie in manchen bei vielen Deutschen beliebten Urlausländern bedroht sind oder ihnen genommen werden. Darüber hinaus nahm er im Verlauf seiner Rede die Folgen der Energie- und wirtschaftlichen Krise für viele Menschen in den Blick und betonte die Verantwortung aller Bürgerinnen und Bürger sowie die Unterstützung der Kirche für die Demokratie und demokratische Grundordnung beziehungsweise das gesellschaftliche Miteinander.

„In der großen Politik müssen die Ukraine und das ukrainische Volk weiter moralisch, humanitär, finanziell und militärisch unterstützt werden, damit sie sich verteidigen können und der russische Aggressor, der Tod und unsägliches Leid über die Menschen bringt, der lebensnotwendige zivile Infrastruktur zerstört und die Kultur eines Landes auszulöschen versucht, zurückgedrängt werden kann“, sagte Kleine. Es gelte, die Menschen in der Ukraine weiterhin zu unterstützen, etwa mit Hilfslieferungen, aber auch mit Geldspenden, und „weiterhin die zu uns geflüchteten Männer, Frauen und Kinder willkommen zu heißen, ihnen die Möglichkeiten zu geben, die deutsche Sprache zu erlernen und so den Arbeitsmarkt für sie zu öffnen sowie die Kinder zu beschulen und zu begleiten“. Dies gelte jedoch für alle Geflüchteten: „Keine Geflüchteten erster und zweiter Klasse“, forderte der Stadtdechant unter großem Applaus.

Auch in der Domstadt gebe es Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, sagte Kleine des Weiteren. „Es gibt auch in Köln Querdenker und bestimmt auch einige Reichsbürger, Geschichtsverfälscher und Wahrheitsverdreher, politische Scharlatane und Islamisten, brutale Fußballfans und gewaltbereite Extremisten. Gegen all diese Gefahren und Gefährder unserer Demokratie und unserer demokratischen Grundordnung müssen wir gemeinsam aufstehen!“

Wenn zudem Einsatzkräfte von Polizei, Hilfsdiensten und Feuerwehr an ihrem Einsatz für andere gehindert würden, wenn ihre Unversehrtheit und sogar ihr Leben gefährdet würden, „dann kann uns das nicht ruhig schlafen lassen“, betonte der Stadtdechant. „Dann müssen Politik, Stadtgesellschaft und auch die Religionen diesen antidemokratischen Kräften und Entwicklungen zusammen die Rote Karte zeigen.“

Weiterhin und weiteren Anlass zur Sorge gäben der Wohnungsmarkt, die Bereitstellung von Kita- und Schulplätzen sowie die Situation der Wohnungslosen. Hinzugekommen seien vor allem in Folge des Ukrainekrieges die Herausforderungen, denen sich viele Familien und Alleinstehende gegenübersehen: gestiegene Energiekosten, hohe Lebensmittelpreise, wachsende Inflation sowie steigende Nachfragen bei den Lebensmittelausgaben und Tafeln. „Als Kirche sind wir weiterhin bereit, wo möglich, unseren Beitrag zur Bewältigung oder Abfederung dieser Herausforderungen zu leisten“, versprach der Kölner Stadtdechant.

 

Keine billige Vertröstung, sondern Ansporn zum Handeln

 

Mit Blick auf die gerade erst gehörte Weihnachtsbotschaft und den Ausblick auf das neue Jahr sagte Kleine: „Friede den Menschen auf Erden! Das verheißen die Engel in der Heiligen Nacht. – Und in Europa herrscht Krieg.“ „Als sie den Stern sahen, wurden sie von großer Freude erfüllt“, heiße es von den Heiligen Drei Königen. – „Und wir erleben Energiekrise, Klimakrise, Kirchenkrise. Frohe Weihnachten? Frohes neues Jahr?“

Im Johannes-Evangelium am ersten Weihnachtsfeiertag heiße es: „Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ Msgr. Kleine: „Das ist unser Glaube: An Weihnachten ist Gott einer von uns geworden im Kind von Bethlehem. In diesem Jesus kam das Licht in die Welt. Es sind dadurch nicht alle Dunkelheiten verschwunden; es gibt weiterhin Leid, Ängste, Gewalt, Egoismus, Unwahrhaftigkeit, Machtstreben und Krieg. Aber all das hat nicht das letzte Wort. – Und das ist keine billige Vertröstung, sondern Ansporn zum aktiven Handeln!“ Sein Appell an die rund 150 Gäste: „Denn wir selber können da, wo wir leben und arbeiten, durch tätige Nächstenliebe in Wort und Tat, durch Mut zur Wahrhaftigkeit, durch Zeichen der Versöhnung, durch ausgestreckte Hände und offene Herzen die Welt im Kleinen ein wenig heller machen. Wir machen die Welt zwar nur ein bisschen heller, aber sie wird heller.“

 

„Gemeinsame Bewältigung von Krisen müsste ganz oben auf der Agenda stehen“

 

Gregor Stiels, der Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, dankte dem Stadtdechanten zu Beginn seiner eigenen Rede für dessen klare Worte und Haltungen in den Krisenjahren. Auch er lenkte den Blick über die innerkirchlichen und binnendiözesanen Krisen hinaus auf die globalen Herausforderungen wie den Ukrainekrieg und seine Folgen, die Corona- und Klimakrise sowie die Energiekrise.

Angesichts all dieser Probleme „kommt die Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise, die wir nun schon seit mehreren Jahren in unserem Erzbistum haben, zur Unzeit“, betonte Stiels. „Diese Krise kommt allerdings nicht von außen und hat sich schicksalhaft ergeben, sie wird zu großen Teilen von der Bistumsleitung und insbesondere von unserem Kardinal verantwortet.“

Stiels weiter: „Wie wichtig wäre es, im Angesicht der genannten Krisen mit vereinten Kräften und voller Energie zu reagieren: Menschen, die einsam, verzweifelt, voller Sorge sind, zuhören, helfen und die hoffnungsfrohe Botschaft unseres Glaubens bringen; Menschen in Krankheit und Sterben begleiten, den Angehörigen Trost spenden; Geflüchtete mit offenen Armen und Herzen empfangen; Kriegen begegnen, Frieden stiften; Ideen entwickeln, wie wir unsere Schöpfung bewahren können.“ Seine klare Haltung: „Eine gemeinsame Bewältigung dieser Themen müssten doch ganz oben auf unserer Agenda stehen!“

 

„Untragbare Belastung“


Er sei dankbar, dass viele Gemeinden und katholische Verbände sich dieser Themen angenommen hätten „und mit viel Einsatz, Erfahrung und Fachexpertise täglich daran arbeiten“, so der im vergangenen Jahr wiedergewählte Vorsitzende des Katholikenausschusses. Als Beispiele nannte Stiels die Caritas, den Sozialdienst Katholischer Männer, den Sozialdienst katholischer Frauen, den katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit „IN VIA“, die Katholische Jugendagentur, den Malteser Hilfsdienst und die „Aktion Neue Nachbarn“, die sich für die Integration Geflüchteter einsetzt.

„Wie wichtig wäre es, diese Themen anzugehen, mit einer führungsstarken, glaubwürdigen und vertrauensvollen Bistumsleitung“, fragte Stiels. „Stattdessen müssen wir uns immer und immer wieder mit uns selbst beschäftigen, mit einem Kardinal, der Vertrauen und Glaubwürdigkeit nachhaltig verloren hat und mit eidesstattlichen Erklärungen versucht, Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.“

Dabei werde es immer mehr „zu einer untragbaren Belastung, dass der Vatikan über die Zukunft des Kardinals im Erzbistum Köln nicht entscheiden kann oder entscheiden möchte“, betonte Stiels.

 

Fehlende Veränderungen und mangelnder Dialog

 

Wesentliche positive Veränderungen seien seit der Rückkehr von Kardinal Woelki aus seiner Auszeit Anfang März 2022 nicht zu verzeichnen, kritisierte der Vertreter der Kölner Katholikinnen und Katholiken. „Im Gegenteil: Zunehmend ist der Kardinal bei Veranstaltungen und Ereignissen nicht mehr erwünscht, wie zuletzt bei der ökumenischen Vesper zu Beginn des neuen Kirchenjahrs oder bei der Proklamation des Kölner Dreigestirns.“

Bei seiner Rückkehr im März habe Woelki von Erkenntnissen gesprochen und davon, dass er persönlichen Anteil an der Glaubwürdigkeits- und Vertrauenskrise habe. „Was sind denn seine Schlussfolgerungen daraus?“, fragte Stiels. Und weiter: „Kardinal Woelki wollte in einen neuen Dialog mit den Gläubigen eintreten. Wo sind denn die Früchte dieses Dialogs? Kardinal Woelki sprach von einem neuen Blick, den er auf die Situation in unserem Erzbistum hat. Was ist das für ein Blick und was verändert sich dadurch?“

Leider sei es so, „dass zehn Monate nach seiner Rückkehr aus der verordneten Auszeit spürbare Veränderungen im Handeln und Wirken des Kardinals fehlen“, bemängelte Stiels. Ein „trauriges Beispiel“ dafür sei sein Verhalten beim Synodalen Weg – „wie auch das Abstimmungsverhalten der Bistumsleitung insgesamt“, erläuterte der Vorsitzende des Katholikenausschusses weiter. „Dass sich viele Gläubige Veränderungen bei den Themen ,Frauen in Diensten und Ämtern der Kircheʻ, ,Sexualität und Sexualmoralʻ oder ,Synodalitätʻ wünschen, sollte auch Kardinal Woelki bekannt sein“, meinte Stiels. „Dass er solche Veränderungen aus dogmatischen Gründen ablehnt, ist schwer zu vermitteln, wenn auch als Bischof sein gutes Recht. Doch bis heute nehme ich von seiner Seite keinen konstruktiven Diskurs und keinen offenen, ehrlichen Dialog wahr – und auch kein Verstehen anderer Positionen und Überdenken der eigenen.“

 

„Kirchen dürfen nicht aus der Mitte der Gesellschaft verschwinden“

 

Er wolle noch einmal in Erinnerung rufen, „dass dieser Synodale Weg von der Deutschen Bischofskonferenz als unmittelbare Reaktion auf die MHG-Studie initiiert wurde“, betonte Stiels. „ Es geht also nicht um Kleinigkeiten!“ Es gehe um nichts weniger, als darum, den strukturell möglichen Machtmissbrauch in der katholischen Kirche zu verhindern, der mit der MHG-Studie beschrieben wurde. Der Synodale Weg in Deutschland suche nach Lösungen – „unsere Bistumsleitung verweigert sich diesen Lösungen“, lautete die Kritik des Vorsitzenden des Katholikenausschusses. „ Es gibt bei den Gläubigen zurecht die Erwartung, dass es in dieser Frage kein Ausharren und Aussitzen geben darf. Zum Abschluss des Synodalen Weges im April erwarte ich von der Kölner Bistumsleitung ein offenes und transparentes Vorgehen und ein ehrliches Bemühen, den strukturellen Missbrauch zu verhindern.“

Ungeachtet dessen, ob und wie die Kardinalfrage entschieden werde, „werden wir uns als Kirche in Köln verändern müssen“, erklärte Stiels. Das mache nicht zuletzt die Tatsache deutlich, dass von den bislang 35 Seelsorgebereichen in Köln ab September dieses Jahres nur zehn Pastorale Einheiten übrig bleiben sollen. „Dazu jagt seit zwei Jahren eine Rekordzahl von Kirchenaustritten die nächste“ , so Stiels weiter. „Den sogenannten ,Volkskatholizismusʻ gibt es nicht mehr.“

Alle sollten aber ein Interesse daran haben, „dass die Kirchen nicht aus der Mitte unserer Gesellschaft verschwinden“, appellierte Stiels an die Gäste. „Wie schaffen wir das? 1. Wir wollen mit Offenheit und Vertrauen die zehn neuen Einheiten in Köln dabei begleiten, selbst ihren Weg zur finden, wie sie zukünftig ihr Gemeinde- und Glaubensleben vor Ort gestalten.“ Einen ersten Aufschlag dazu werde es im Erzbischöflichen Berufskolleg am 4. Februar in einer gemeinsamen Veranstaltung von Stadtdekanat und Katholikenausschuss geben: „Mut zu gestalten – Kirche sein in den neuen Pastoralen Einheiten“ lautet der Titel der Tagesveranstaltung (10 bis 16 Uhr).

Stiels gab weitere Antworten auf die Frage „Wie schaffen wir das?“: „Immer weniger Menschen kommen in die Kirche, also muss die Kirche zu den Menschen gehen. Wir dürfen uns als Kirche nicht verbarrikadieren, eine Wagenburg gegen den ,bösen Zeitgeistʻ aufbauen. Auch in den aktuellen Krisen gibt uns die frohe Botschaft Antworten und Handlungsmöglichkeiten an die Hand, für deren gesellschaftliche Relevanz wir einstehen und bei den Menschen werben wollen.“

 

Ökumenische Gemeindepartnerschaften sollen entstehen

 

Nicht zuletzt wolle man dafür sorgen, „dass im wahrsten Sinne des Wortes die Kirche im Dorf bleibt, also nicht aus der Mitte unserer Veedel verschwindet“, so Stiels. „Ich bin mir sicher, dass in den nächsten zehn Jahren viele Kirchen und Kirchorte geschlossen und aufgegeben werden müssen. Das wird ein schmerzhafter Prozess, der gut begleitet werden muss. Und den wir vor allem mit unseren Geschwistern in der evangelischen Kirche gemeinsam angehen müssen. Damit in jedem Veedel den Gläubigen ein Ort zum Treffen und Feiern bleibt, wollen wir ökumenische Gemeindepartnerschaften gezielt forcieren.“ In Arbeitstreffen mit Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger sei dieses Thema bereits auf die Tagesordnung gesetzt worden.

Unabhängig davon, wie in der Kardinalfrage entschieden werde: „Lassen Sie uns mutig und klar nach vorne blicken, lassen Sie uns Kirche vor Ort gestalten, lassen Sie uns offen und einladend sein!“, so Stiels' Schluss-Appell und erneute Einladung zur Veranstaltung „Mut zu gestalten – Kirche sein in den neuen Pastoralen Einheiten.“ (Weitere Informationen dazu erfolgen in Kürze.)

 

Oberbürgermeisterin Reker wünscht sich Neuanfang fürs Erzbistum Köln

 

Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker nahm in ihrer Rede Bezug auf die Situation im Erzbistum Köln: „Ich bin ja immer der Meinung, man sollte es für sich persönlich schaffen, die Grundsätze unseres Glaubens und die Situation der Organisation der Kirche zu trennen von den Menschen, die besonders viel Einfluss haben.“ Sie zeigte sich als Fan von Papst Franziskus: „Ich sage immer: Wenn der liebe Gott so ist wie der Papst, kann uns nichts passieren.“ Warum die Klärung der Lage im Erzbistum Köln im Vatikan nicht vorangehe, „mag auch organisatorische Gründe haben“, so Reker. „Aber ich vertraue nach wie vor darauf, dass es auch hier zu Lösungen kommt, die dann unser Erzbistum auch wirklich wieder in einem Neuanfang unterstützen können.“

Ein Versprechen gab Reker den versammelten Gästen stellvertretend für die Stadtgesellschaft und ihre Gäste: Bis Ostern sollen die Leuchtkörper, die den Kölner Dom, das Wahrzeichen der Stadt, anstrahlen gegen energieeffiziente Leuchtmittel ausgetauscht sein. Mit dem Austausch sei bereits um die Weihnachtszeit begonnen worden, daher sei es auch leider nicht möglich gewesen, den Dom für die Weihnachtsfeiertage wieder anzustrahlen. „Ich bin sehr froh, dass am Dreikönigstag schon das Westportal erstrahlte“, sagte Reker. Um die Osterzeit soll der Dom dann nachts wieder für alle zu erkennen sein, denn sie höre auch von Gästen oft, dass sie nicht verstünden, warum die Kathedrale nachts im Dunkeln liegt. Auf die neue Beleuchtung freut sich Reker bereits: „Wir hängen ja alle daran, dieses Bild zu sehen, wenn wir den Rhein überqueren“, betonte die Kölner Oberbürgermeisterin.

 

Die gesamte Rede von Stadtdechant Msgr. Robert Kleine können Sie hier nachlesen.

 

Die gesamte Rede von Gregor Stiels, dem Vorsitzenden des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, können Sie hier nachlesen.

 

Weitere Informationen zum Katholikenausschuss unter www.katholikenausschuss.de

  

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