„Gott macht fassungslos“: Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine mit Friedensappell in seiner Osterpredigt

17. April 2022; ksd

 

Köln. Ostern feiern trotz des Krieges in der Ukraine und all des Leidens in der Welt? Ostern feiern, wenn Gott fassungslos macht? Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine hat in der Osternacht in der katholischen Stadtkirche St. Ursula sowie am Ostersonntag im Kölner Dom dazu ermutigt:

„Friede sei mit euch!“ – der Gruß des Auferstandenen an seine Jünger – müsse er nicht „wie Hohn klingen in den Ohren unserer Schwestern und Brüder in der Ukraine“, fragt Stadtdechant Msgr. Robert Kleine in seiner Predigt zur Osternacht. Und weiter: „Klingt das nicht auch in unseren Ohren zumindest unpassend?“ Er erinnert an die Menschen, die vor dem Krieg fliehen, an die Bilder von zerstörten Wohnhäusern und Krankenhäusern, die täglich in den Nachrichten gezeigt werden. „Wir sehen die Bilder von erniedrigten, gequälten und ermordeten Ukrainerinnen und Ukrainern.“

Die demokratische und freie Welt ringe um eine angemessene Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und zugleich fehle ihr die Vorstellung, wie es zu einem schnellen Ende des Krieges und einer Bestrafung der Kriegsverbrecher kommen könne, so Kleine. „Hinzu kommen die Sorge und Angst vor einem Übergreifen des Krieges auf Nachbarstaaten, auf ganz Europa, auf die Welt.“ In dieser Situation ruft Jesus den Jüngern und uns zu: „Friede sei mit euch!“ Dies sei trotz allem „ die bleibende Botschaft von Ostern“, die Hoffnung macht und auch durch dunkle Zeiten tragen kann.

 

Tod und Kriegsverbrechen haben nicht das letzte Wort

 

Jesus Christus hat durch seinen Tod und seine Auferstehung den Tod besiegt: „Seit Ostern wissen wir, dass der Tod, dass Krieg und Folter und Kriegsverbrechen nicht das letzte Wort haben“, betont der Stadtdechant. „Auch wenn es seit dem Ostermorgen damals in Jerusalem weiterhin von Menschen begonnene Kriege, begangene Verbrechen und initiiertes Unrecht gibt: am Ende steht die Verheißung des Friedens. Nicht als billige Vertröstung, sondern als Ansporn, am Frieden mitzuarbeiten – im Kleinen, aber auch im Großen.“ Die „beeindruckende Solidarität“ mit den Menschen in der Ukraine und aus der Ukraine, die bei uns Zuflucht gesucht haben, sei ein Aspekt, ein Ausdruck davon. 

„Glaube, Hoffnung und Liebe sind die Summe der christlichen Existenz“, so Kleine weiter. „Wer glaubt, lässt sich von Zuversicht bestimmen. Wer hofft, überlässt der Sorge nicht das letzte Wort. Wer liebt, gibt keinen Menschen auf. Das ist der Geist von Ostern!“ 

Auf den auferstandenen Christus richte sich ein Glaube, „der auch den Stürmen standhält“, sagt der Stadtdechant. „Gottes neue Ordnung weckt eine Hoffnung, in der sich auch das Schwere, das unsere Seelen belastet, in neues Leben wandelt. Wenn Gottes Liebe uns packt, wird sie in uns lebendig und wirksam. Gott weckt in uns Mut und Freude, die sich nicht mehr umkehren lassen.“

 

„Gott, wo bist du?“

 

Zu Beginn seiner Predigt hatte Kleine mit Blick auf die Frauen, die sich vor mehr als 2000 Jahren unerwartet konfrontiert gesehen hatten mit einem leeren Grab und der verwirrenden Botschaft, dass der gekreuzigte und gestorbene Christus lebe, die Frage aufgeworfen: „Macht uns Gott heute manchmal auch fassungslos?“ Und er bekannte: „Manchmal macht Gott mich fassungslos im negativen Sinne. Wenn er nicht so handelt, wie ich es mir wünsche oder denke. Wenn ich das Leid auf dieser Welt sehe und mir denke: Gott, wo bist du? Warum handelst du nicht? Du hast diese Welt doch in deiner Hand! Da müssen Menschen leiden, werden krank, sterben, da werden Kinder mit Behinderungen geboren, Ehen scheitern. Und ich bin fassungslos. Gott, wo bist du? Gott, warum bist du so – und nicht anders, so wie ich denke? Da kann ich Gott nicht fassen!“

Aber er sei Gott gegenüber auch fassungslos im positiven Sinn: „Wenn ich das Aufbrechen der Natur im Frühling erlebe, mich an den Wundern der Schöpfung erfreue, ein neugeborenes Kind betrachte und erfahre, wie Liebe Menschen verzaubern kann. Oder wenn der Glaube traurigen und trauernden Menschen Kraft, Trost und Hoffnung schenkt.“

Fassungslos gegenüber Gott sei er vor allem auch dann, wenn er daran denke, „dass unser Gott vor 2000 Jahren einer von uns geworden ist im Kind von Bethlehem – und dass dieses Kind, sein Sohn, Jahrzehnte später in Jerusalem nach seinem Leiden und Sterben am Kreuz das Leiden und Sterben von uns Menschen mit hineingenommen hat in seine Auferstehung und somit auch uns die Tür zu einem neuen, ewigen Leben in der Liebe Gottes, die wir den Himmel nennen, geöffnet hat. Wenn man da nicht die Fassung verlieren kann…”.

Abschließend wünschte Stadtdechant Msgr. Robert Kleine den Gläubigen „ein gesegnetes Osterfest in der Hoffnung auf ein Ende des Krieges und auf ein friedliches Miteinander der Völker“. Und er formulierte als Wunsch und Gebet, dass die Botschaft der Osternacht mit ihrer Verheißung vom Frieden auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin oder die Menschen um ihm herum erreiche und sie erkennen lasse, dass der Krieg enden müsse und dass nur der Friede der gemeinsame Weg der Menschheit sein könne.

 

Die gesamte Predigt können Sie hier nachlesen.

 

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