„Ich würde sie am liebsten nach Mailand schicken“: Stadtdechant Kleine kritisiert Corona-Demos / Systemrelevanz der Kirchen betont

12. Mai 2020; ksd

 

Köln. Dass mehrere hundert Menschen am Samstag (9. Mai) unter anderem vor dem Kölner Dom gegen die Corona-Maßnahmen von Bundes- und Landesregierung protestiert haben, macht Kölns Stadt- und Domdechant Robert Kleine wütend. „Wenn ich sehe, dass hier hunderte Menschen gegen die Einschränkungen demonstrieren, die ihnen und uns allen wegen der Bekämpfung des Corona-Virus widerfahren und dass sie durch die Kölner Fußgängerzone gezogen sind und Menschen aufgefordert haben, als Protest ihre Schutzmaske auszuziehen, kann ich mir nur an den Kopf fassen“, so Msgr. Kleine am Sonntag während seiner Predigt im Kölner Dom. Das gelte auch angesichts dessen, dass viele Menschen im Internet, aber auch unter den Demonstranten meinten, Corona sei eine Lüge oder Bill Gates und andere hätten etwas mit dem Corona-Virus oder dessen Verbreitung zu tun. „Da müssen wir als Christinnen und Christen aufstehen und sagen: Wissenschaft ist Wissenschaft und Solidarität ist Solidarität!“, betont Kleine. Deshalb hätten die Kirchen ja auch die Maßnahmen mitgetragen und trügen sie weiterhin mit.

Er lenkt den Blick nach Italien, das besonders von der Corona-Pandemie betroffen ist, und vor allem auf die Partnerstadt Mailand, von der im Jahr 1164 die Reliquien der Heiligen Drei Könige, nach Köln kamen. „Wir stehen im Austausch und wissen, wie es dort aussieht in dieser Corona-Krise. Am liebsten würde ich diese Demonstranten nach Mailand schicken“, sagt Kleine. „Dann könnten sie die frischen Gräber sehen, die überfüllten Krankenhäuser und Intensivstationen. Und sie könnten mit den vielen Trauernden sprechen, die ihre Eltern oder ihre Kinder verloren haben.“ Wer sich informiere, könne erkennen: „Dieses Virus ist kein Fake, das ist ernst!“

In den vergangenen Wochen sei viel diskutiert worden, ob die Kirchen „systemrelevant“ seien. „ Wir sind systemrelevant, wenn wir das ,System‘ als Leben der Menschen betrachten“, sagt Kleine. „ Für das Leben, für die Kultur, für die Gesellschaft sind wir relevant – mit unserer Botschaft, dass alle Menschen die gleiche Würde haben, geboren oder ungeboren, Jung und Alt, ob gesund oder krank:  Allen kommt dieselbe Würde von Gott zu.“ Die Kirchen hätten Relevanz, wenn sie verkünden: „Es geht darum, den Nächsten zu lieben. Und nicht nur den Nächsten – sondern auch den Fernen. Auch die Menschen in den Flüchtlingslagern dieser Welt müssen für uns als Christen im Blick sein“, so der Kölner Stadtdechant. „Wir sind in dem Sinne systemrelevant, dass wir als Kirche in unserer Gesellschaft dafür eintreten, dass Solidarität nötig ist, besonders in diesen Zeiten. Und wir sind auch systemrelevant, weil wir eine Hoffnung haben, über das aktuelle Geschehen hinaus.“

 

Hören Sie hier einen Beitrag von Radio Köln darüber.

 

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