„Jedes Leben zählt“: Gemeinsame Erklärung von ev. und kath. Kirche in Köln zur Seenotrettung von Flüchtlingen

17. Dezember 2019; ksd

Köln. Rund 15.000 Menschen sind in den vergangenen fünf Jahren nach Schätzungen der UNO-Flüchtlingshilfe bei der Überfahrt mit Flüchtlingsbooten über das Mittelmeer gestorben oder verschollen. Genaue Zahlen kennt niemand, denn niemand weiß, wie viele meist übervoll besetzte Boote oder kleine Schiffe sich Tag für Tag auf den Weg von den Küsten Afrikas oder von anderen Ländern aus nach Europa aufmachen, um hier Sicherheit, Frieden und ein neues Leben zu finden.

Zivilgesellschaftliche Initiativen und Bündnisse wie die „Aktion Seebrücke“ setzen sich für sichere Fluchtrouten und eine Entkriminalisierung der Seenotrettung ein. Im Dezember machen zwei große Banner an der evangelischen Lutherkirche in der Südstadt und an der Kirche St. Agnes auf die Aktion aufmerksam. Die Aktion schafft einen Ort zum Erinnern und gibt den Ertrunkenen damit ein Stück Würde. In einer Gemeinsamen Erklärung bekräftigen der katholische Stadtdechant Msgr. Robert Kleine und der evangelische Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger ihre Solidarität mit der Aktion und fordern eine humane EU-Flüchtlingspolitik:

 

„Kein Mensch setzt sich und seine Familie leichtfertig der vor allem jetzt im Winter lebensgefährlichen Flucht über das Mittelmeer aus. Wer seine Heimat verlässt und sein ganzes bisheriges Leben aufgibt, hat dafür immer einen triftigen Grund. Menschen, die auf der Suche nach Sicherheit und Schutz vor Verfolgung, nach Frieden und Perspektiven für ein neues Leben in Freiheit und Selbstbestimmung zu uns kommen, verdienen zuallererst unsere Aufnahme, Hilfe und Unterstützung. Die humanitär gebotene Seenotrettung im Mittelmeer sollte seitens der EU wiederaufgenommen werden. Erst in weiteren Schritten geht es um die Prüfung der Fluchtursachen und eine Entscheidung über die Zukunft der geflüchteten Menschen.

Wir, die evangelische und die katholische Kirche in der Stadt Köln, unterstützen die zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen, die sich für die Seenotrettung und den Schutz von Geflüchteten einsetzen. Wir fordern die Politiker auf europäischer und bundesdeutscher Ebene auf, sich für sichere Fluchtrouten und eine humane Flüchtlingspolitik einzusetzen. Angesichts der Notlage im Mittelmeer müssen Menschlichkeit und Nächstenliebe Vorrang haben. Die Bekämpfung von Fluchtursachen ist eine gewaltige und globale Aufgabe. Der Verweis auf diese Zusammenhänge darf aber nicht dazu führen, dass grundlegende Menschenrechte an den Grenzen der EU nicht mehr gelten und Menschen nicht aus Seenot gerettet werden.

Wir müssen uns zudem gemeinsam und mit aller Kraft dafür einsetzen, dass das Klima in unserer Gesellschaft nicht von Hetze und Hass gegenüber Geflüchteten bestimmt wird. Es gilt, herrschenden Ängsten, Vorurteilen, aber vor allem rassistischen und nationalistischen Tendenzen und Gefahren entschieden zu begegnen. 

Als Christen erheben wir unsere Stimme immer dann, wenn Menschen in ihrer Würde und Freiheit verletzt werden. Für uns in der Stadt Köln bedeutet das, aufmerksam und sensibel zu sein für die Bedürfnisse der Menschen, die zu uns kommen. Gemeinsam müssen wir in der Politik, in den Kirchen, in der Wirtschaft und vielen gesellschaftlichen Gruppen dafür arbeiten, dass Menschen, die auf Zeit oder dauerhaft mit uns leben, hier eine neue Perspektive, Schutz und Sicherheit finden. Denn jedes Leben zählt.“ 

 

Weitere Informationen zur Aktion Seebrücke finden Sie hier.

 

Foto (v.li. nach re.): Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, Johannes Gaevert und Laura Gey, beide Seebrücke Köln, Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger und Pfarrer Hans Mörtter vor der Lutherkirche. © APK

 

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