Katholikenausschuss fordert nach Missbrauchsgutachten weitere Aufarbeitung – auch im Blick auf moralische Verantwortung

25. März 2021; ksd

Köln. Bei der ersten hybriden Vollversammlung des Katholikenausschusses in St. Michael am Brüsseler Platz, stand die Veröffentlichung des zweiten Missbrauchs-Gutachtens durch das Erzbistum Köln im Mittelpunkt. Dabei wurde nach lebhafter Diskussion ein Papier verabschiedet, das sich kritisch mit dem Stand der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs und sexualisierter Gewalt an Minderjährigen und Schutzbefohlenen durch Kleriker oder sonstige Mitarbeitende des Erzbistums Köln in den Jahren von 1975 bis 2018 beschäftigt.

Der Katholikenausschuss in der Stadt Köln fordert in seiner Erklärung unter anderem eine weitergehende Aufarbeitung des Umgangs mit Missbrauchs, unter anderem auch der Rolle der Weihbischöfe und Geheimsekretäre. Darüber hinaus erwartet der Katholikenausschuss vom Erzbistum Köln „die Erarbeitung von Lösungen gegen Machtmissbrauch und Klerikalismus“ und das „ sofortige Einbeziehen dieser Themen in den Pastoralen Zukunftsweg“.

 

„Es fehlt eine Entschuldigung“

 

Kritik übt der Katholikenausschuss auch an der bislang fehlenden Auseinandersetzung mit der moralischen Verantwortung. Zudem fehle noch immer eine Entschuldigung seitens des Erzbistums und die Opfer würden zu wenig gehört. „Der Verweis auf eine verjährte oder nicht eindeutig nachweisbare strafrechtlich relevante Tat erscheint angesichts evidenten moralischen Versagens als Hohn für die Betroffenen. Hier ist zwingend die Stimme der Betroffenen zu hören.“

Die konkreten Forderungen des Katholikenausschusses reichen von der zügigen Einrichtung der unabhängigen Aufarbeitungskommission, die Kardinal Rainer Maria Woelki angekündigt hat, bis zur Meldung aller Fälle nach Rom, auch derer, die nach geltendem Recht als verjährt gelten. „Wir wünschen uns eine Kirche, die offen zu Fehlern und Verbrechen steht, deren klare Haltung zu sichtbarem und konsequentem Handeln führt, die sich gegenüber den Opfern angemessen und demütig verhält und einen glaubwürdigen Neuanfang wagt“, so der Katholikenausschuss.

 

Gegen Klerikaliskums: „Es gibt kein Hochwürden“

 

Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, qua Amt Mitglied im Vorstand des Katholkenausschusses, nahm in der Vollversammlung zum Thema Kleriker Stellung. Klerikalismus gilt als einer der Gründe für die systemimmanenten Fehler und Versäumnisse beim Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche. „Priestertum hat nichts Abgehobenes“, so Kleine, der den heiligen Augustinus zitierte: „Ich bin für euch Bischof – und mit euch bin ich Christ.“ Und weiter: „Aus der Weihe heraus bin ich nichts Besseres. Es gibt kein Hochwürden.“ Die Auseinandersetzung mit Klerikalismus sei eine ganz wichtige, teilte Kleine die Meinung des Katholikenausschusses.

Stadtdechant Kleine wurde zudem persönlich und bekräftigte, dass auch er unter dem Thema Missbrauch und dem Umgang damit leide. Dass ihm die Schilderungen von Betroffenen sowie die Fehler und Versäumnisse der Amtskirche nahegehen, hatte Kleine bereits mehrfach erklärt. „Die Täter haben das Priesteramt in abgrundtiefer Weise pervertiert“, so Kleine in der Vollversammlung. Und mit Blick auf die Taten wurde er nochmals deutlich: „Es waren Verbrechen.“

 

Stadtdechant und Katholikenausschuss auf Radio Köln: Weitere Konsequenzen sind notwendig

 

Erste personelle Konsequenzen sind nach der Veröffentlichung des zweiten Missbrauchsgutachtens gezogen, ein erstes Maßnahmenpaket beschlossen. Der Aufarbeitungsprozess steht jedoch damit erst am Anfang, machen der Kölner Stadt- und Domdechant Msgr. Robert Kleine und der Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, Gregor Stiels, in einem Beitrag auf „Radio Köln“ deutlich. Stiels kritisiert etwa, dass wichtige Aufarbeitungsschritte wie eine moralisch-ethische Aufarbeitung versäumt wurden. Darüber hinaus vermisst er „liturgische Zeichen der Reue“. Zudem müssten die „monarchisch-absolutistischen Strukturen“ angegangen werden, so Stiels. Für Kleine ist klar, dass das Erzbistum Köln am Anfang eines langen Weges steht – und alles dafür tun muss, um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen.

    

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