Kirche darf nicht einengen: Kölns Stadtdechant Robert Kleine ruft zu Engagement für den Frieden auf und erinnert die Kirche an ihren Auftrag

30. Juni 2023; ksd

 

Köln. Aus Anlass des 80. Jahrestages des Peter-und-Paul-Angriffes auf Köln am 29. Juni 1943 feierte Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine einen Gedenk- und Friedensgottesdienst in der Kirche der Stadtpatronin St. Ursula. Dabei ging er auch auf die aktuelle Situation der katholischen Kirche ein und stellte die beiden an diesem Tag verehrten Apostel Petrus und Paulus als Vorbilder für Bischöfe und Priester in den Mittelpunkt.

„Wir haben gestern die Austrittszahlen gehört“, nahm der Stadtdechant Bezug auf die Verkündung der Zahl von Kirchenaustritten für das Jahr 2022 durch die Deutsche Bischofskonferenz, die bei fast 523.000 liegt und damit um fast 163.500 höher als 2021. „Ich denke, das schmerzt Sie genauso wie mich, dass es eine Zerstörung gibt, die nicht durch Bomben kommt, sondern durch Unglaubwürdigkeit, Unwahrhaftigkeit“, wandte er sich an die Mitfeiernden. Dabei sei „unsere Botschaft“ gerade in dieser Zeit so wichtig. „Unsere christliche Botschaft, die Botschaft von Jesus, der die Menschen in seine Nachfolge ruft, der uns Sinn schenken möchte, der uns zur Freiheit berufen hat“, so Kleine. „ Viele denken, die Kirche ist etwas, das einengt und das nur auf die eigenen Dinge schaut, die eigenen Strukturen, den eigenen Vorteil – das ist nicht Kirche!“

Kirche sei das, was ausging von Menschen wie Petrus, dem Fischer, die Jesus in seine Nachfolge rief. „Was ausgeht von einem Paulus, der sich bekehrt und sagt: ,Ich kann gar nicht anders, es drängt mich so, die frohe Botschaft zu verkünden. Nichts kann mich trennen, keine Gewalten, keine Mächte, von diesem Evangelium, aus dem heraus ich lebe.‘ “ Die Apostel waren die Vorsteher der Gemeinden, in ihrer Nachfolge stehen die Bischöfe, erinnerte der Stadtdechant. Die Christinnen und Christen von heute bitten darum, „dass unsere Hirten und Oberhirten Menschen des Evangeliums sind, Menschen, die die Frohe Botschaft nach außen tragen können, weil sie sie im Inneren leben“ .

 

Tradition, Reform und Zukunft zusammenbringen

 

Der verstorbene Erzbischof von Köln, Kardinal Joachim Meisner, habe einmal gesagt: „In den beiden, in Petrus und Paulus, zeigen sich zwei Dimensionen des Kirche-Seins – in Petrus das Amt und in Paulus das Charisma.“ Das Amt beziehe sich auf die Struktur der Kirche, das Charisma auch auf das, was sich entwickele. „Paulus hat ja manche Dinge getan, die gar nicht so mit den Aposteln abgesprochen waren“, sagte Stadtdechant Kleine. „Aber es drängte ihn, die Frohe Botschaft in die Welt zu tragen. Und das ist eigentlich der Auftrag der Kirche: Amt und Charisma, Geschichte und Zukunft, Tradition und Reform – beides zu sehen, denn nur das Gemeinsame bringt die Kirche voran.“

Am Gedenktag der beiden großen, heiligen Apostel, der auch ein Gedenktag eines dunklen Tages in der Geschichte der Stadt sei und zugleich ein Tag im Jahr 2023 „mit den Nachrichten, die wir hören, in und über die Kirche“ machte Kleine deutlich, dass es „aber immer auch ein Tag sein wird, der uns nach vorne schauen lässt, der uns Mut macht, als Christen und Christinnen in der Kirche unseren Dienst zu tun“. Und dies – so der Stadtdechant in Anlehnung an sein Leitwort – in Freude. „Denn das ist unser Auftrag. In dem Sinne wollen wir immer unser Leben in den Blick nehmen und den Herrn um sein Erbarmen bitten, wo es die Dunkelheiten und Traurigkeiten gibt, wo es Resignation oder manchmal auch Hochmut und Stolz gibt. Damit wir das beiseitelegen und damit wir mit freiem und frohem Herzen diese Feier am heutigen Festtag der Apostel Petrus und Paulus begehen können.“

 

Opfer nicht gegeneinander aufrechnen

 

Zu Beginn des Gottesdienstes hatte der Stadtdechant an die Opfer des Angriffes auf die Domstadt im Zweiten Weltkrieg erinnert: „Am Ende starben etwa 4500 Menschen, 10.000 wurden verletzt, mehr als 230.000 Kölnerinnen und Kölner verloren ihr Zuhause und waren obdachlos. Manche Straßen verschwanden für immer.“ Den Blick lenkte er auch auf die gegenwärtigen Kriege und kriegerischen Konflikte in der Welt: „Unsere Gedanken gehen auch in die Ukraine, nach Syrien und in den Jemen und in andere Länder, wo heutzutage Bomben fallen.“

Zunächst ging das Grauen des Zweiten Weltkrieges von Deutschland aus, erinnerte Kleine. „Und dann schlug es zurück. Dann machten auch die Menschen hier, im ,Deutschen Reich‘ die Erfahrung, was es heißt, der Gewalt des Krieges ausgesetzt zu sein. Aber Opfer sind Opfer, egal welcher Nation. Ich kann das Leid und das Sterben, die Toten nicht gegeneinander aufrechnen. Überall, wo Menschen sterben, gibt es trauernde Hinterbliebene, gibt es Menschen, die ohne Ehemann und Ehefrau, ohne Eltern, ohne Geschwister oder ohne ihre Kinder weiterleben müssen.“

Viel Leben sei damals, vor 80 Jahren, ausgelöscht worden. „Es ist ein Auftrag für uns als Christinnen und Christen und ein Auftrag für alle Menschen guten Willens, sich für den Frieden einzusetzen“, betonte Stadtdechant Msgr. Robert Kleine im Gedenk- und Friedensgottesdienst.

 

Die gesamte Ansprache können Sie hier nachlesen.

 

      

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