Oberbürgermeisterin Reker, Stadtdechant Kleine und Charlotte Knobloch verurteilen antisemitischen Angriff in Köln

22. August 2021; ksd

Köln. Mit Entsetzen und klaren Worten haben Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Stadtdechant Msgr. Robert Kleine und Charlotte Knobloch, die frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und amtierende Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, auf einen antisemitischen Angriff in Köln reagiert. Ein 18-Jähriger ist am Wochenende nach Angaben der Polizei im Kölner Kaiser-Wilhelm-Park von Mitgliedern einer Gruppe geschlagen und getreten worden. Dabei wurde er schwer verletzt, zudem wurde ihm seine Kippa, die jüdische Kopfbedeckung, gestohlen. Zwei mutmaßliche Angreifer im Alter von 18 und 19 Jahren wurden am Samstag festgenommen, inzwischen aber wieder freigelassen. Sie gelten laut tagesschau.de weiterhin als Tatverdächtige.

 

Reker: „Antisemitische Angriffe werden nicht geduldet”

 

Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte in einem Statement: „Mit Entsetzen und Bedauern habe ich von der gestrigen Tat gehört. Antisemitische Übergriffe werden in unserer Stadt nicht geduldet, und ich danke der Polizei, dass sie hier sehr schnell tätig wurde. In unserer Stadt muss jeder und jede angstfrei leben können, egal welcher Religion man angehört, welche Weltanschauung man hat und wie man lebt und liebt. Diese Weltoffenheit gehört zu Köln und macht diese Stadt aus, daher schmerzen solche Übergriffe hier bei uns ganz besonders und als Stadtgesellschaft müssen wir deutlich machen, dass wir dies nicht dulden.“ Als Oberbürgermeisterin ist Reker auch Vorsitzende des Kölner Rates der Religionen.

 

Kleine: „Das Gift in den Köpfen bekämpfen”

 

Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine zeigte sich im Interview mit DOMRADIO.DE erschüttert über den Angriff. „Wir blicken in diesem Jahr mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern auf 1700 Jahre jüdisches Leben in unserer Stadt und in unserem Land. Und dann ein solcher antisemitischer Überfall und Angriff”, so Kleine. „Das erschüttert mich umso mehr als wir am vergangenen Sonntag zusammen mit Abraham Lehrer von der Synagogen-Gemeinde und vielen anderen aus der Stadtgesellschaft ein großes Plakat am DOMFORUM enthüllt haben, auf dem steht: ,Shalom + Frieden für alle‘.” Das XXL-Mosaik aus 1700 Selfies setzt ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung jeglicher Art. Die Enthüllung und der folgende Tag im Zeichen jüdischer Musik in der ganzen Stadt waren ein Moment der Freude und der Hoffnung.

Immer wieder habe es in den vergangenen Monaten und Jahren antisemitische Anschläge und Übergriffe auf Synagogen in Deutschland und auch in Köln gegeben, so Kleine weiter. „Als katholische Kirche, als christliche Kirchen und als Stadtgesellschaft müssen wir immer wieder klarmachen: Wir stehen an der Seite der Jüdinnen und Juden.” Der Stadtdechant sagt in seiner Stellungnahme auch: „Wir stehen an der Seite derer, die beschimpft werden aufgrund ihres Glaubens, und sagen ganz klar: Das darf nicht sein!”

Mit aller Härte des Gesetzes müsse gegen Täter vorgegangen werden. „Aber auch das Gift in den Köpfen der Menschen, das zu solchen Übergriffen führt, muss bekämpft werden”, betont der Kölner Stadtdechant, der sich immer wieder gegen Antisemitismus und für ein friedliches Miteinander einsetzt. „Ich hatte gehofft, dass es nach den furchtbaren Erfahrungen des Holocaust und den unfassbaren Verbrechen, die von unserem Land ausgingen, nicht mehr geschehen würde, dass jemand aufgrund seiner Religion, aufgrund einer Kippa oder anderer Dinge beleidigt und sogar verletzt würde. Leider erleben wir, dass sich das Klima in der Gesellschaft verschlechtert. Mit aller Kraft müssen und wollen wir als Christinnen und Christen uns gegen Hass und Hetze einsetzen und überall dort akiv sein, wo Menschen bedroht, ausgegrenzt oder verletzt werden.”

Dem jungen Mann, der unter anderem einen Jochbeinbruch erlitten hat, wünscht Kleine alles Gute, vor allem, „dass er bald das Krankenhaus verlassen kann und dass er ohne Angst in unserer Stadt weiter seinen Glauben bekennen kann”.

Seine Stellungnahme und Grüße hat Stadtdechant Msgr. Robert Kleine als Zeichen der Solidarität und des Miteinanders der Religionen auch an die Synagogen-Gemeinde Köln übermittelt.

 

Knobloch: „Harte Strafen sind das Mindeste”

 

Charlotte Knobloch, früher auch Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses und des Europäischen Jüdischen Kongresses, nahm auf Twitter mit klaren Forderungen Stellung: „Wenn jüdisches Leben nur versteckt in unserem Land möglich ist, dann hat es keine Zukunft. Harte Strafen gegen die Angreifer sind jetzt das Mindeste”, schrieb sie. Der Angriff zeige: „1700 Jahre leben jüdische Menschen jetzt in Deutschland, und so sieht ihre Normalität aus, sobald sie sich zu erkennen geben.”

 

Freiwald: „Weiter für Zivilcourage eintreten”

 

Diakon Jens Freiwald, im Stadtdekanat für den christlich-jüdischen Dialog zuständig, schreibt in einer persönlichen Solidaritätsadresse an die Synagogen-Gemeinde Köln: „ Leider gibt es erneut in unserer Stadt einen Anlass, traurig und wütend zu sein, sich für seine Gesellschaft zu schämen und zu uneingeschränkter Solidarität und zum Kampf gegen den Antisemitismus aufzurufen. Der feige Angriff auf einen 18-jährigen Mitbürger jüdischen Glaubens macht mich fassungslos und motiviert mich gleichzeitig, weiter für Zivilcourage und gegen jede Form der Diskriminierung einzutreten. Meine Gedanken und Gebete sind nun aber besonders bei dem jungen Mann und seinen Angehörigen. Ich hoffe, er wird bald und vollständig genesen.”

 

Wilhelm: „Antisemiten zunehmend aggressiver und gewalttätiger”

 

Der Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Professor Dr. Jürgen Wilheilm, sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger: „Es ist eine Schande, dass jüdische Bürgerinnen und Bürger Angst haben müssen, sich mit ihrer Kippa in der Öffentlichkeit zu zeigen.“ Er hoffe, „dass die Gerichte in Deutschland solche Überfälle mit aller Härte des Gesetzes ahnden“. Er nehme wahr, dass Antisemiten zunehmend aggressiver und gewälttiger würden, sagte er der Zeitung.

 

Der angegriffene Mann konnte das Krankenhaus am Sonntag wieder verlassen.

 

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