Schatzkammerausstellung: „Ausgegraben – Archäologische Schätze aus dem Kölner Dom“
15. Dezember 2023; ksd
Köln. In der Kölner Domschatzkammer ist jetzt die Ausstellung „Ausgegraben – Archäologische Schätze aus dem Kölner Dom“ zu sehen. Anhand ausgewählter archäologischer Funde wird die wechselvolle Geschichte des Domes und seiner Vorgängerbauten von der Römerzeit bis in das 19. Jahrhundert exemplarisch nacherzählt. Gewidmet ist die Ausstellung dem langjährigen Domarchäologen Dr. Ulrich Back, der Anfang 2024 in den Ruhestand gehen wird. Zugleich mit der Ausstellung wurde Backs neues Buch präsentiert: „Archäologie im Kölner Dom. Forschungsergebnisse zu seiner Vor- und Baugeschichte“.
1946 wurden unter der Leitung von Otto Doppelfeld erste archäologische Ausgrabungen im Inneren des Domes begonnen. Sie wurden über Jahrzehnte hinweg weitergeführt und dauern in Einzelprojekten bis heute an. Durch diese Arbeiten sind unterhalb des Domes Räume entstanden, die sich mittlerweile unter nahezu allen Bereichen des heutigen Kirchenbodens erstrecken und eine Fläche von rund 4.000 Quadratmetern umfassen. Damit gehört die Kölner Domgrabung nicht nur zu den umfangreichsten Kirchengrabungen Deutschlands, sondern sie kann über geführte Rundgänge auch besichtigt werden.
Im Zuge der archäologischen Untersuchungen wurden Grundrisse und innere Strukturen verschiedener älterer Gebäude freigelegt, unter denen nicht nur der auch historisch überlieferte Alte Dom, sondern weitere Vorgängerbauten hervorzuheben sind. Gemeinsam mit zahlreichen Architekturresten und einer immensen Anzahl archäologischer Fundstücke, circa 260.000, bezeugen sie die Entwicklung von einem gehobenen römischen Stadtquartier zum christlichen Zentrum Kölns und vermitteln zudem, mit Blick auf die gewaltigen Fundamente der gotischen Kathedrale, einen Eindruck von Aufwand und Ablauf ihrer Entstehung.
Funde aus dem mittelalterlichen Adelsgrab, Weinflasche und Taschenuhr aus dem 19. Jahrhundert
Die Ausstellung in der Kölner Domschatzkammer präsentiert erstmals eine Auswahl von charakteristischen Exponaten aus den verschiedenen Epochen der Domgeschichte bis in die Frühzeit der christlichen Gemeinde und zurück in römische Zeit. Den Fragmenten eines römischen Matronensteins sind verschiedene Fundstücke aus dem 4. bis 6. Jahrhundert zur Seite gestellt, die auf das Adelsgeschlecht der Merowinger verweisen, deren Gräber 1959 unter dem Binnenchor entdeckt wurden. Ihre bedeutenden Grabausstattungen gehören zur ständigen Ausstellung der Schatzkammer.
Aus dem gut dokumentierten, karolingischen Alten Dom, dem Vorgängerbau des heutigen gotischen Domes, zeigt die Ausstellung zum großen Teil erstmals öffentlich kostbare Reste des Fußbodenbelages und Wandmalereifragmente sowie einen Gesimsstein mit Palmettendekor, der zu den qualitätsvollsten Überresten der Bauplastik aus dieser Zeit zu zählen ist. Die gotische Großbaustelle ist durch Alltagsgeschirr der Arbeiter, einen goldenen Fingerring und eine Goldmünze, durch deren Fundort die Arbeiten am im Südturmfundament datiert werden können, dokumentiert. Textilfunde aus Gräbern von Geistlichen veranschaulichen Bestattungsriten des 17. und 18. Jahrhunderts. Schließlich geben die profanen Fundstücke aus dem 19. Jahrhundert einen Einblick in das Leben der Menschen rund um den Dom bis zu seiner Vollendung 1880.
Kurze Baugeschichte des Kölner Domes und seiner Vorgängerbauten
Die Vorgeschichte der Kölner Bischofskirche reicht bis in römische Zeit zurück. Das auf einer
Anhöhe über dem Rhein liegende Areal befand sich in der nordöstlichen Ecke der 50 n. Chr. zur
Kolonie (Colonia Claudia Ara Agrippinensium) erhobenen Römerstadt. In unmittelbarer Nähe verlief
die nördliche Flanke der ab dem Ende des 1. Jahrhunderts errichteten Stadtmauer. In spätrömischer
Zeit war das Viertel vor allem durch gehobene Wohnbebauung geprägt und es ist durchaus möglich,
dass innerhalb eines der Häuser bereits im 4. Jahrhundert eine Hauskirche bestanden hat – einen
Beleg hierfür gibt es aber nicht. Ein erster Kölner Bischof ist mit dem heiligen Maternus 313/14
bezeugt.
Im frühen 5. Jahrhundert kam Köln endgültig unter fränkische Herrschaft und bestand als bedeutende Stadt im Frankenreich fort. Spätestens im frühen 6. Jahrhundert ist nun auch eine große Kirchenanlage an der Stelle des heutigen Domes nachgewiesen. Von dieser zeugen vor allem das östlich des heutigen Domes aufgedeckte Taufbecken eines frühmittelalterlichen Baptisteriums sowie unter dem Domchor freigelegte merowingische Fürstengräber und Reste einer Amboanlage und einer gemauerten Priesterbank.
Mit den Heiligen Drei Königen kam die Wende
Um 800 entstand an diesem Ort eine gewaltige karolingische Kirche, der sogenannte Alte Dom. Die zunächst dreischiffige Kirche wurde wohl in der Mitte des 11. Jahrhunderts um zwei Seitenschiffe erweitert. Der Westchor der doppelchörigen Kirche war dem Dompatron Petrus, der Ostchor der Gottesmutter Maria geweiht. Die Fundamente in der Grabung zeugen noch heute von der Dimension, zahlreiche Funde von der prachtvollen Ausstattung der Kirche. Nachdem Erzbischof Rainald von Dassel 1164 die Gebeine der Heiligen Drei Könige aus Mailand nach Köln übertragen ließ, wurde der Dom zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorte der Christenheit in Europa.
Am 15. August 1248 wurde von Erzbischof Konrad von Hochstaden schließlich der Grundstein zur heutigen hochgotischen Kathedrale gelegt. Unzählige Funde erzählen vom Alltag auf der Baustelle aber auch von den Verkaufsbuden und Handwerkern die sich im Mittelalter um den Dom herum ansiedelten. Bis in die Neuzeit diente die Kathedrale auch als Grabkirche vor allem für die Domgeistlichkeit – wovon ebenfalls zahlreiche Funde zeugen.
Bei Einstellung der Bauarbeiten nach 1520 blieb der Dom ein gewaltiger Bautorso. Erst zwischen 1842 und 1880 wurde er vollendet. Auch die Zeit der Domvollendung und des frühen Tourismus hat zahlreiche Spuren im Erdreich hinterlassen, die im Rahmen der archäologischen Ausgrabungen zutage gefördert wurden.
Neue Publikation: Archäologie im Kölner Dom Forschungsergebnisse zu seiner Vor- und Baugeschichte
Der Band von Dr. Ulrich Back fasst die bisherigen Untersuchungsergebnisse der 1946 begonnenen archäologischen Ausgrabungen unter dem Kölner Dom zusammen. Er ermöglicht somit erstmals einen kompakten Einstieg in die Archäologie der Kathedrale auf dem aktuellen Stand der Forschung.
Die seit fast acht Jahrzehnten laufenden archäologischen Forschungen zum Kölner Dom haben im Lauf der Zeit eine große Fülle an größeren und kleineren Publikationen hervorgebracht, von denen die zahlreichen Grabungsberichte im Kölner Domblatt sowie die großen und umfassenden, im Kölner Domverlag erschienenen Studienbände zu den Befunden und Funden des gotischen Domes und seiner Vorgängerbauten besonders hervorzuheben sind.
Eine Bibliothek – kein Tempel
Bisher fehlte allerdings eine umfassende und kompakte Darstellung der gesamten Baugeschichte des Domes und seiner Vorgängerbauten von der Römerzeit bis in die Gegenwart, in die sämtliche bisherigen archäologischen Forschungsergebnisse einfließen. Mit dem vorliegenden Band ist es Ulrich Back gelungen, diese Lücke zu schließen und eine fundierte Publikation vorzulegen, die nun sowohl für Wissenschaftler als auch für interessierte Laien den perfekten Einstieg in die Archäologie des Domes bildet.
Da eine monografische Publikation zu den römischen Befunden und Funden unter dem Kölner Dom aussteht – diese ist langfristig im Zusammenhang mit einer größeren Publikation der archäologischen Grabungen im weiteren Domumfeld geplant – schließt der Band von Ulrich Back auch in diesem Bereich eine Lücke. Ein Detail ist für die Geschichte der römischen Stadt von besonderem Interesse. So kann Back ein in seinem Inneren mit Lisenen verstärktes Mauergeviert, in dem die ältere Forschung zunächst den Unterbau eines Tempels, später einen Getreidespeicher sah, nun mit guten Gründen als kleines Bibliotheksgebäude, Archiv oder Schatzhaus identifizieren.
Dombauten und Umgebung im Fokus
Bisher nur über den Befundkatalog der Domgrabung und Bauphasenzeichnungen publiziert waren aber auch etwa die Befunde zu späteren Umbauten und zur Nachfolgebebauung des frühmittelalterlichen Baptisteriums, das spätestens bei Errichtung des Alten Domes um 800 als Bauwerk gänzlich aufgegeben worden sein dürfte. Es gibt deutliche Indizien, dass hier bereits in der Frühzeit des Alten Domes ein Atriumshof als Vorgänger des in der Mitte des 11. Jahrhunderts zusammen mit der Stiftskirche St. Maria ad Gradus errichteten Ostatriums bestanden haben dürfte. Kaum publiziert waren bisher auch die wahrscheinlich aus dem Alten Dom stammenden Wandmalereifragmente, die in der Aufschüttung für das neue Ostatrium gefunden wurden. Sie wurden in den vergangenen Jahren von Anna Skriver untersucht. Ein eigener Forschungsband des Kölner Domverlages hierzu ist in Vorbereitung.
Eine Lücke schließt der Band aber auch mit der Darstellung der bisher kaum beachteten archäologischen Befunde aus der Neuzeit. Für diese ist keine eigene Publikation geplant. So stellt Back die Grabungsergebnisse zu neuzeitlichen Gräbern und Gruftanlagen unter dem Kölner Dom vor – aber etwa auch zur Umgebungsbebauung des Domes wie etwa der barocken Pfarrkirche St. Johannes Baptist oder der Domterrasse des 19. Jahrhunderts. Selbst die im Untergrund des Domes verlegten Gasleitungen für die Dombeleuchtung des 19. Jahrhunderts werden erstmals zusammenhängend beschrieben.
Nach über 37 Jahren Tätigkeit für die Ausgrabungen im Kölner Dom wird Ulrich Back Anfang 2024 in den Ruhestand gehen. Die nun vorliegende Publikation bildet somit auch die Summe seiner Forschungen zum Kölner Dom.
Die Drucklegung des Buches wurde durch die freundliche finanzielle Unterstützung des Erzbistums Köln, des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) und der Stiftung für Kunst und Baukultur Britta und Ulrich Findeisen ermöglicht.
Angaben zum Buch
Ulrich Back: Archäologie im Kölner Dom. Forschungsergebnisse zu seiner Vor- und Baugeschichte
252 Seiten, 193 zumeist farbige Abbildungen, 10 Pläne, Hardcover, Fadenheftung
ISBN 978-3-9823582-4-6
Preis: 56 Euro