„So etwas darf in unserem Land nicht geschehen“: EFL Köln kritisiert Abschiebung einer albanischen Familie und fordert die Rückholung

27. April 2021; ksd

Köln (efl). Obwohl sowohl die Härtefallkommission als auch der Petitionsausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen eine Aufenthaltserlaubnis für eine aus Albanien nach Deutschland geflüchtete Frau und ihre Kinder empfohlen hatten, wurde die Familie von der lokalen Ausländerbehörde Ende der vergangenen Woche abgeschoben. Die Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) Köln, die in diesem Fall die Flüchtlingsberatung der Diakonie an Sieg und Rhein unterstützt hat, kritisiert in einer Stellungnahme die Abschiebung und die dabei angewandten „ menschenverachtenden Methoden“ aufs Schärfste. Die Einrichtung fordert zudem eine Rückholung der von Gewalt bedrohten und suizidgefährdeten Frau sowie ihrer minderjährigen Kinder nach Deutschland.

 

Die Stellungnahme der EFL im Wortlaut:

 

In der Ehe-, Familien- und Lebensberatung suchen uns auch Menschen auf, die aus unterschiedlichen Gründen aus ihrem Heimatland geflüchtet sind und in unserem Land Schutz suchen. Sie haben Schlimmes erlebt: Krieg, Gewalt in der eigenen Familie, sexuelle Gewalt, Unterdrückung, Verfolgung und Mord. Schmerz, Trauer und Angst, oft verbunden mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung, prägen ihr Leben. Nicht immer werden ihre Fluchtgründe de jure anerkannt, aber jede einzelne Lebensgeschichte ist geprägt davon, wie sehr diese Menschen Gefahren ausgesetzt waren und es bei einer Rückkehr in ihr Heimatland erneut wären.

Die Aufnahme in Deutschland hilft ihnen zunächst, der akuten Bedrohung zu entkommen und materielle Unterstützung zu erhalten. Beengte Unterkünfte, Sprachbarrieren, fehlende Ausbildungs- und Arbeitserlaubnis, sowie die oft jahrelange Ungewissheit, ob sie bleiben können, verstärken dann aber wieder ihr Erleben von Ohnmacht und Hilflosigkeit.

In der psychologischen Beratung geben wir Hilfestellung, die seelische Gesundheit zu stabilisieren, mit dem Schrecken der Erlebnisse umzugehen und allmählich Selbstwert und Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Oft stehen wir dabei mit großem Respekt vor der Überlebensleistung dieser Klienten.

Unsere Arbeit wird jedoch massiv erschwert durch die Ungewissheit und die oft zermürbende Vorgehensweise in den Asylverfahren. Was aber jetzt in Siegburg geschehen ist, macht uns fassungslos. Es ist Ausdruck tiefster Menschenverachtung gegenüber der betroffenen Familie.

Es ist zudem respektlos gegenüber der Arbeit derer, die sich tagtäglich für die Linderung der Not und die Integration dieser schutzbedürftigen Menschen einsetzen: Mitarbeitende von Integrationsdiensten, Fluchtunterkünften und Beratungsstellen, Ärzte, Psychotherapeuten, Rechtsanwälte und ehrenamtlich Tätige.

Kinder überfallartig noch vor dem Morgengrauen im Kinderheim aus ihren Betten heraus abzuholen und den jugendlichen Sohn in Handfesseln aus der Wohnung abzuführen, die akut behandlungsbedürftige Mutter ebenfalls in der Nacht aus dem Schutz einer psychiatrischen Klinik zu reißen, das löst erneut schwere Traumata bei allen Familienmitgliedern aus und hinterlässt bei ihnen tiefe Spuren der Verletzung.

Für diese Mutter und ihre drei Kinder bleibt unsicher, ob sie diese behördliche Maßnahme überleben und jemals bewältigen werden. Sowohl die Härtefallkommission als auch der Petitionsausschuss des Landes haben in diesem Fall aus humanitären Gründen einhellig ein Bleiberecht empfohlen. Wie konnte es dennoch zu solch einer Abschiebung kommen? So etwas darf in unserem Land nicht geschehen!

 

Auch die Diakonie an Sieg und Rhein hat gegen die Abschiebung protestiert.

  

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