Spektakulärer Abbau des Hängegerüsts am Nordturm des Kölner Domes

7. Oktober 2021; ksd

Köln (dbh/ksd). Es war ein spektakulärer Tag am Kölner Dom: das Hängegerüst am Nordturm, das schon fast ein eigenes Wahrzeichen am Kölner Wahrzeichen ist, wurde von Spezialisten der Dombauhütte und der Firma Wasel mit ihrem gigantischen Hydraulikkran abgenommen. Viele Kölnerinnen und Kölner ließen es sich nicht nehmen, die mehrere Stunden dauernden Arbeiten live vor Ort zu verfolgen. Für alle Daheimgebliebenen und Auswärtigen übertrug DOMRADIO.DE live. Eine Kurz-Reportage sehen Sie hier.

 

Bei bestem Wetter wurde das etwa 30 Meter hohe Gerüst, das in 105 Metern Höhe am Nordturms des Kölner Domes hing, mit einem Hydraulikkran der Firma Wasel GmbH (Schwerlastlogistik Turmdrehkrane / Hagedorn Unternehmensgruppe) abgenommen. Die vorbereitenden Arbeiten begannen um 7 Uhr morgens. Gegen 10.15 Uhr konnte der erste Gerüstpfeiler abgehoben werden. Gegen 15.30 Uhr war die Abnahme des Hängegerüstes ohne Komplikationen oder Schäden für den Bau abgeschlossen.

 

Wochenlange logistische Planung


Dombaumeister Peter Füssenich zeigt sich erleichtert über die gelungene Aktion: „Allen beteiligten Mitarbeitenden der Firma Wasel und der Kölner Dombauhütte sowie allen anderen Beteiligten, ganz besonders aber dem Kranführer und den Gerüstbauern, sei für ihren enormen Einsatz und ihre hochkonzentrierte, behutsame Arbeit gedankt! Danken möchte ich auch dem Dompatron Petrus, dass er uns heute einen windstillen Vormittag beschert hat.”

Dem Kraneinsatz sind in den vergangenen Wochen umfassende logistische Planungen vorausgegangen. Der Rückbau des Hängegerüsts erfolgte in den Sommermonaten durch die Gerüstbauer der Dombauhütte. Dabei wurden bereits mehr als 20 Tonnen Material aus dem Gerüst ausgebaut. Bis Ende September war das aus leichten Aluminium-Elementen zusammengesetzte Gerüst bis auf die beiden großen seitlichen Gerüstpfeiler und die obere Plattform vollständig entkernt. Diese hatten zusammen noch immer ein Gewicht von etwa zehn Tonnen.

Da deren Abbau vor Ort einen unverhältnismäßig hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeutet hätte, wurden diese Teile des Gerüsts in drei Stücken vom Turm abgenommen. Nach der Abnahme wurde das Gerüst auf den Roncalliplatz transportiert und wird dort im Laufe der kommenden Wochen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Dombauhütte in seine Einzelteile zerlegt. In ähnlicher Form ist dies bereits 2006 und 2013 bei den früheren Hängegerüsten vorgenommen worden.

Am Freitag, 8. Oktober, wird mithilfe des Krans und eines Fahrkorbs die Westfassade des Domes befahren, um nicht zugängliche Bereiche des Bauwerks im Rahmen des regelmäßigen Monitorings auf Schäden zu untersuchen und gegebenenfalls kleinere Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen.

Bei dem eingesetzten Kran handelt es sich um einen Liebherr LTM 1650-8.1, einen mit 700 Tonnen Hubkraft ausgestatteten Hydraulikkran der Firma Wasel. Er ist mit einem 45 Meter langen Hydraulikausleger, einer 87,5 Meter langen Wippspitze und 155 Tonnen Ballast ausgestattet. In der für die Gerüstabnahme aufgebauten Form hatte der Kran mit Ausleger und Gegengewichten ein Gesamtgewicht von fast 290 Tonnen. Er erreicht eine maximale Höhe von etwa 124 Metern und eine Hakenhöhe von 117 Metern sowie eine maximale Ausladung von 66 Metern.

 

Hintergrund

 

Bei dem Gerüst, mit dessen Aufbau im März 2011 begonnen wurde, handelte es sich um das dritte Hängegerüst am Nordturm. Auslöser für den Beginn der Restaurierungsarbeiten war ein Steinschlag während eines schweren Sturmes am 24. November 1984. Damals war ein 3,25 Meter hohes Element einer Turmfiale aus etwa 100 Metern Höhe abgestürzt und hatte schwere Schäden an den Seitenschiffdächern verursacht. Anschließende Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass die Schadensursache in der Verwendung von Messing- und Eisenarmierungen während der Turmvollendung in den 1870er-Jahren liegt.

Während die Messingelemente oft gebrochen sind, führt die Oxidation des Eisens zu Rostsprengungen, die den ansonsten hervorragend erhaltenen Obernkirchener Sandstein zerstören. Die fraglichen Metallelemente finden sich an den vier gewaltigen, etwa 30 Meter hohen Fialaufbauten an den Ecken beider Türme und hier ausschließlich in einem Bereich zwischen 80 und 100 Metern Höhe. Teilweise wurden bereits tonnenschwere Aufbauten durch den Rost um mehre Millimeter angehoben. Die Versetzsteinmetzen der Dombauhütte müssen daher alle Anker und Dübel aus Messing und Eisen ausbauen und durch neue, nicht rostende Elemente aus Edelstahl ersetzen.

Die Restaurierungsarbeiten an den Türmen begannen 1996 mit dem Aufbau des ersten Hängegerüsts an der Südwestecke des Nordturms; es hing bis 2006. Das zweite Gerüst befand sich von Frühjahr 2002 bis 2013 an der Südostecke des Turms. In den kommenden Jahren soll die Restaurierung der Nordostecke des Turms erfolgen. Das hierfür benötigte Hängegerüst wird frühestens 2023 aufgebaut, um im Jubiläumsjahr 2022, in dem sich die Weihe des Domchores zum 700. Mal jährt, die Westfassade weitgehend gerüstfrei zu halten. Zuvor werden die kriegsbeschädigten Fialen auf der Westseite des Helmumgangs in 100 Metern Höhe restauriert und ergänzt. Hierfür sind kleinere Gerüste notwendig.

Neben der Erneuerung der Anker und Dübel wurden in den vergangenen Jahren am nordwestlichen Fialaufbau des Turms ausgewaschene Fugen geschlossen sowie zahlreiche Sturm- und Kriegsschäden beseitigt. Hierzu wurden knapp 50 neue, teils sehr aufwändige Werkstücke wie Kreuzblumen, Krabben (Blattornamentik), Elemente von Wimpergen (gotische Ziergiebel) und Fialen unterschiedlicher Größen durch die Steinmetzinnen und Steinmetzen der Dombauhütte neu gefertigt. Oberstes Ziel war es dabei, so viel Originalsubstanz zu erhalten wie möglich und nur zerstörte Elemente zu erneuern. Daneben bedurften auch die vier monumentalen Engelfiguren, welche auf einer Höhe von etwa 75 Metern stehen, einer Restaurierung. In den 1870er-Jahren aus Savonnières-Kalkstein gefertigt, zeigten sie teilweise bedenkliche Verwitterungsspuren. Zwei Engel wurden durch originalgetreue Kopien ersetzt, die beiden anderen nach eingehenden Untersuchungen vor Ort gefestigt und gegen weitere Verwitterung geschützt. Die Restaurierungsarbeiten waren im Sommer 2020 abgeschlossen worden.

 

Sowohl die Erneuerung der zerstörten Bauelemente als auch der Engel-Skulpturen wurde über ein Patenschaftsprogramm des Zentral-Dombau-Vereins finanziert. Allen Patinnen und Paten sei auch an dieser Stelle herzlich gedankt!

 

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