Stadtdechant Kleine spricht bei Gedenkfeier der Stadt Köln zum Volkstrauertag: „Werden wir zu Friedensstiftern“

23. November 2023; ksd

 

Köln. Am Volkstrauertag hat Kölns Stadtdechant Msgr. Robert Kleine bei der Gedenkfeier der Stadt neben Bürgermeister Dr. Ralf Heinen und Regierungspräsident Dr. Thomas Wilk im Namen der christlichen Kirchen in der Kirchenruine von Alt-St. Alban gesprochen, in der die Skulpturen des „Trauernden Elternpaars“ nach einem Werk von Käthe Kollwitz stehen. Seine Ansprache:


Am heutigen Volkstrauertag gedenken wir der Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Terrorismus sowie der bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr gefallenen deutschen Soldatinnen und Soldaten.

Krieg – Gewaltherrschaft – Terror

In der Bibel, im Ersten oder Alten Testament, finden wir das Buch des Propheten Jesaja. Hier heißt es im 25. Kapitel: „Der Herr der Heerscharen wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen. Er hat den Tod für immer verschlungen und Gott der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen. An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der Herr, auf ihn haben wir gehofft.“

Da zeichnet der Prophet Jesaja ein sehr opulentes Bild von der Endzeit und vom Himmel. Ein riesiges Gastmahl - denn es gibt etwas zu feiern: Die Rettung.

Die Rettung von allem Unheil und Bösen, die Rettung aus Leid, Trauer und Tod – eine Rettung, die nur einer vollbringen kann: Nämlich Gott! Ein Gott, auf den man hoffen und auf den man sich verlassen kann.

Dieses Bild „malt“ der Prophet Jesaja im 8. Jahrhundert vor Christi Geburt für ein Volk, das dabei ist, alle Hoffnung zu verlieren. Geschrieben ist diese Vision der Hoffnung in eine absolute Krise hinein. Das Volk Israel, hatte Verschleppung, Mord und Totschlag erlebt, und gerade da verweist Jesaja auf Gott. Mit seinem Bild vom Festmahl will er seinem Volk wieder Mut machen, damit es in seiner schwierigen Situation nicht aufgibt. Denn das ist gewiss: Gott sorgt für sein Volk.

Es ist furchtbar, dass sich eben dieses Volk und die Menschen, die aktuell in Israel leben, Juden, aber auch Christen und Muslime wieder erschreckender Gewalt ausgesetzt sahen und sehen. Die Menschen im Gazastreifen, besonders Kinder und Kranke leiden unter dem Krieg, den die Hamas durch ihren Terrorakt auf Israel ausgelöst hat, Hunderttausende sind auf der Flucht.

Es ist furchtbar, dass seit dem 24. Februar 2022 der russische Angriffskrieg auf die Ukraine andauert. Mit immer neuen Angriffen, Toten und Verletzten, Zerstörung der Infrastruktur.

Es ist furchtbar, dass es weltweit rund 100 kriegerische Auseinandersetzungen und Bürgerkriege gibt.

Krieg – Gewaltherrschaft – Terror

So viele Tränen, so viel unsägliches Leid, was es einem schwer macht, die tröstenden Worte des Jesaja zu hören: „Er beseitigt den Tod für immer. Gott, der Herr wischt die Tränen ab von jedem Gesicht.“

Aber auch wenn wir aktuell in der Ukraine, im Heiligen Land und vielen anderen Regionen so weit davon entfernt sind: Die Verheißung des Jesaja gilt: Gott beseitigt den Tod für immer. Das ist mein Glaube als Christ.

Als Jesus in Bethlehem in Judäa geboren wurde, verkündeten Engel den Hirten auf dem Feld den „ Frieden auf Erden allen Menschen seines Wohlgefallens" (Lk 2, 14).

„Frieden auf Erden", lateinisch „Pacem in terris", nannte Papst Johannes XXIII. sein Schreiben, das er 1963, also vor 60 Jahren, inmitten des Kalten Krieges, nach Mauerbau und Kubakrise veröffentlichte. Es war erstmals nicht nur an Christinnen und Christen gerichtet, sondern an alle Menschen guten Willens. Der Papst ruft darin die Menschheit über alle Religionen und über alle Nationen hinweg auf, Frieden zu schaffen. Es ist die große Vision einer Menschheitsfamilie.

Auch 60 Jahren nach Erscheinen des Textes ist es unsere dauerhafte Aufgabe, an einer Welt des Friedens mitzubauen, die auf den vier Säulen gegründet ist. auf die der inzwischen heiliggesprochene Johannes XXIII. in seiner Enzyklika hinweist: Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit.

Jesus sagt in der Bergpredigt: „Selig die, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt (Mt 5,9)"

Deshalb: Lassen wir uns davon inspirieren und selbst durch unser Tun zu Friedensstiftern werden! Denn der Frieden beginnt im Kleinen. Wir können ja leicht sagen: Was kann ich für den großen Frieden tun? Beginnen wir im Kleinen, Frieden zu halten - in den Familien, im Beruf, in der Politik, in unserer Gesellschaft.

Stehen wir auch auf, wo andere Hass säen.
Erheben wir unsere Stimme, wenn Menschen ausgegrenzt werden, wenn in diesen Tagen Antisemitismus scheinbar wieder hoffähig wird.

Ein Freund von mir ist seit einigen Wochen bis vermutlich Ende Januar als Militärpfarrer im multinationalen Camp im irakischen Erbil eingesetzt.

Sein Wunsch an mich für ihn und die Soldaten vor Ort: „Denk an uns, bete für uns."

So lade ich Sie alle ein, um den Frieden für die Menschen im Heiligen Land und im Nahen Osten, in der Ukraine und den anderen Kriegs- und Krisenregionen der Welt zu beten. Und schließen wir besonders auch die Menschen ein, die in den unterschiedlichen Kriegs- und Krisenregionen als internationale Friedenstruppen versuchen, Frieden zu schaffen beziehungsweise zu erhalten, oder als Mitarbeitende von Hilfsorganisationen versuchen, Leid und Not zu lindern.

So schließe ich mit dem Gebet der Vereinten Nationen:

„Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall.

An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen,

dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden,

nicht von Hunger und Furcht gequält,

nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.

Gib uns Mut und die Voraussicht,

schon heute mit diesem Werk zu beginnen,

damit unsere Kinder und Kindeskinder

einst mit Stolz den Namen Mensch tragen.“

Und ich ergänze:

Pax, Frieden, Salam und Schalom!

 

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