Weihnachten 2020: „Licht und Wärme für die Seele“ – Annelie Bracke über das Schöne, das Schwere und Sehnsucht

20. Dezember 2020; ksd

Weihnachten 2020: in diesem Corona-Jahr ist alles anders als sonst – oder doch nicht? Leere Plätze, wo sich sonst Menschen auf den Weihnachtsmärkten drängten. Lockdown statt Hektik in den Einkaufsstraßen. Und auf große Familienfeiern und Reisen quer durch die Lande sollen die Menschen wegen Corona verzichten. Das Jahr hat vielen viel abverlangt – wie lässt sich da Weihnachten feiern? Als Famile, als Paar, als psychisch belasteter Mensch oder als jemand, der schon lange einsam ist? Einfach als Mensch in diesem besonderen Jahr? Und ist wirklich alles anders als sonst? Experten aus Einrichtungen im Stadtdekanat Köln geben in unserer vierteiligen Reihe Impulse, Ideen und Einblicke ins eigene Innere. Annelie Bracke leitet die Katholische Telefonseelsorge Köln.

 

Mit dem Weihnachtsfest verbinden wir den Wunsch, uns in einer Gemeinschaft geborgen zu fühlen. Zusammenzukommen, um uns in der dunklen Jahreszeit zu vergewissern: Ich bin nicht allein. Sodass die Seele das Licht und die Wärme spürt, die die Kerzen im Raum ausstrahlen. Diese Sehnsucht nach Ankommen und Angenommen sein gibt es immer, aber vielleicht ist sie am Ende dieses anstrengenden „ Corona-Jahres“ stärker als zuvor. Und schon immer haben viele Menschen gerade an Weihnachten schmerzhaft erlebt, dass sich ihre Sehnsucht nicht erfüllt und dass sie diese besonderen Tage allein verbringen oder sich allein unter Menschen fühlen. Oder dass die Abschiede des Jahres besonders bedrücken. 

Ich glaube, es ist gut, sich diese Sehnsucht schon vor dem Fest zu bewusst zu machen und zu erlauben. Sie ist menschlich und wichtig. Und sich ebenso die Traurigkeit zu erlauben, wenn in diesem Jahr – oder auch sonst – das Alleinsein schmerzt. 

Gut wäre es, wenn es dann gelänge, sich vorzubereiten auf das Weihnachtsfest, so wie es in diesem Jahr für den und die Einzelne/n möglich ist. Sich zu überlegen: Wie kann ich mir selbst Gutes tun? Ganz praktisch: Mit welchem Essen möchte ich mich verwöhnen, welche Musik möchte ich hören, wie mache ich es mir in meinem Zuhause gemütlich? Gibt es einen Gegenstand, ein Bild oder anderes, das mich an ein glückliches Ereignis oder eine liebevolle Begegnung im vergangenen Jahr erinnert und das ich hervorhole? Gibt es einen Hoffungs-Text, eine Geschichte, ein Gebet – das ich mir an Weihnachten zur Hand nehme?

Und vielleicht gibt es auch jemanden, mit dem ich absprechen kann: Können wir telefonieren an diesen Tagen? Darf ich dich anrufen, wenn ich eine vertraute Stimme hören möchte? Immer erreichbar ist auch die Telefonseelsorge, um einen Menschen zu finden, der ein offenes Ohr anbietet. 

Und rechnen Sie damit, dass an den Weihnachtstagen alles da sein möchte, was in uns ist: Das Schöne und das Schwere. Wenn es möglich ist, lassen Sie es zu. Der Weihnachtsstern macht den Stall nicht zum Palast und die Nacht nicht zum Tag. Aber er leuchtet im Dunklen und lässt uns hoffen, dass Gott uns in unserem Leben nie allein lässt. Auch und gerade an diesen Tagen.  

 

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