Zeit für Freude: Ökumenischer Segen im Kölner Dom für die Kölner Dreigestirne und alle Karnevalistinnen und Karnevalisten

8. Januar 2022; ksd

 

Köln. Wenn im Kölner Dom das Dreigestirn und das Kinderdreigestirn im vollen Ornat vor den Dreikönigenschrein ziehen und für eine gute Session beten, zuvor neben „Großer Gott wir loben dich“ auf Kölsch auch noch der Willi-Ostermann-Klassiker „Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia“ erklingt und ein Fahnenmeer der Karnevalsgesellschaften das Ganze einrahmt, kann wohl von einem „Kölschen Hochamt“ gesprochen werden. Als dieses zeigte sich einmal mehr der Gottesdienst mit Karnevalisten, der am Samstagmittag gefeiert wurde – in diesem Jahr erstmals am Wochenende nach der Proklamation. Zu den Höhepunkten der Feier gehörte auch das Entzünden der Sessions-Kerze, die vom Kinderdreigestirn Prinz Felix I., Bauer Robin und Jungfrau Helena gestaltet worden war. Durch die Corona-Situation wurde der Gottesdienst nur mit einem begrenzten Personenkreis abgehalten – mit wenigen Gästen, Vertreterinnen und Vertretern aus dem Festkomitee Kölner Karneval und den Karnevalsgesellschaften. DOMRADIO.DE übertrug allerdings live.

„Kann man sich in einer solchen Situation überhaupt noch irgendwie freuen?“ – diese Frage stellte der Kölner Stadtdechant Msgr. Robert Kleine der den ökumenischen Gottesdienst mit seinem evangelischen Kollegen, Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger, leitete, in den Mittelpunkt seiner Predigt. Auch vor dem Karneval mache die Pandemie nicht halt. Dies hindere viele Menschen daran, ihrer unbekümmerten Seite Raum zu geben, denn „Unsicherheit, Angst, wirtschaftliche und gesundheitliche Sorgen, Einsamkeit und Isolation prägen weiterhin weltweit den Alltag der Menschen“ , sagte Kleine. Und das umso mehr, als die Angst in vielen Herzen und Seelen näherrückt. Und: „Die äußere Distanz, die uns nicht gegeben ist als Menschen, weil wir soziale Wesen sind, die äußere Distanz macht es uns nicht leicht.“

 

„Lassen wir uns unsere Hoffnung nicht nehmen“

 

Doch gerade darum und gerade jetzt ist Freude wichtig – und darf auch sein, machte der Stadtdechant deutlich: „Wir können uns freuen trotz Corona, ja wir können uns freuen gegen Corona. Lassen wir uns unsere Freude nicht nehmen, schon gar nicht von einem Virus. Lassen wir uns unsere Hoffnung nicht nehmen, schon gar nicht von einem Virus. Lassen wir uns unseren Karneval nicht nehmen, schon gar nicht von einem Virus!“

Um Hoffnung zu finden, warb der Stadtdechant dafür, kleinere Dinge wieder neu wertzuschätzen. „ Vielleicht ist die Pandemie besonders geeignet, wieder neu aufmerksam zu werden für die kleinen, unscheinbaren Dinge des Lebens. Indem ich sorgsam darauf achte, wie diese Dinge auf einmal anfangen, zu mir zu sprechen, kann etwas aufscheinen von der Ruhe, die Jesus gemeint hat, und zu der er seine Jünger einlädt“, erklärte Kleine. So gelte es etwa, anderen Menschen wieder mehr zuzuhören und für das eigene Leben Ruhe zu finden. Für diese Haltung könne auch das Kinderdreigestirn Botschafter sein: „Ihr werdet nicht in den großen Sälen unserer Stadt auftreten, aber ihr werdet Menschen begegnen, indem ihr zu den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen geht und quasi von draußen die Lebensfreude zu den Menschen bringt.“

Kleine zitierte den Kölner Fotojournalisten und Autor Stefan Worring: „Es muss ein Dreigestirn geben in unserer Stadt. Wer einmal erlebt hat, wie ein Kind in der Onkologie die Jungfrau anhimmelt, eine demente Seniorin ,Ach wär ich nur….‘ mit dem Prinzen singt, ein Blinder den Bauern mit Händen sieht, der weiß, dass in Köln die Hoffnung erst ohne Dreigestirn stirbt.“ An beide Dreigestirne gewandt sagte der Stadtdechant: „Ihr als Dreigestirn und der Kölner Karneval stehen immer – und besonders in dieser Session – für Lebensmut, Zuversicht und Achtsamkeit!“

Der Stadtdechant, der auch Feldhillijer der Altstädter ist, sorgte für eine besondere Überraschung und Gänsehaut bei vielen, weil er „Et Klimpermännche“, Thomas Cüpper, eingeladen hatte, der mit seiner Quetsch (Akordeon) für stimmungsvolle und stimmige Musik im sakralen Raum und in dem bunten Rahmen des Karnevalisten-Gottesdienstes sorgte.

 

Anderen Freude bringen

 

„Unbeschwert fühlt sich anders an“, sagte Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger. „Wir suchen den längeren Bogen, den längeren Atem und haben die Hoffnung auf eine bessere Zeit. Diese Hoffnung trägt und verbindet uns!“ Es sei gut, dass vieles doch gehe, auch wenn der klassische Sitzungs- und Straßenkarneval zum zweiten Mal ausfällt: „Manche Besuche in sozialen Einrichtungen werdet ihr als Dreigestirn wahrnehmen. Das ist ein Zeichen des Zusammenhalts“, so Seiger. „Das können wir in der Krise tun: Die Augen auf die richten, die Freude und Aufmerksamkeit besonders brauchen. In Senioreneinrichtungen, in sozialen Projekten! Das ist alles auch Karneval: Empathie, wache Augen und Mitgefühl!“

In den kommenden Wochen werde aus Vernunft und Verantwortung auf vieles verzichtet. „Wir spüren, körperlich und seelisch, was uns fehlt!“ Doch nicht für immer: „Wenn es gut geht, dann wird die Freude über all das, was Fastelovend ausmacht, in den nächsten Jahren ausmacht, groß sein, größer vielleicht als zuvor. Weil wir es wieder neu zu schätzen wissen. Weil wir spüren, wie wertvoll das Geschenk der Gemeinschaft und der Nähe ist. Wir werden auf neue Weise singen, tanzen und schunkeln, weil wir erlebt haben und wissen: Nichts ist selbstverständlich!“

Das Dreigestirn gehe in Krankenhäuser und Hospize und verbreite Freude. „Was für ein Schatz! Was wärmt es einen, wenn man merkt, in einem Gesicht ist ein neuer Glanz. Da kann uns allen was einfallen, wie wir anderen Freude machen, mit einem Brief, von Hand geschrieben, einem Anruf, mit Karnevalsgebäck an der Tür“, schlug der Stadtsuperintendent vor.

Was in Köln zum zweiten Mal stattfindet, hat fast schon Tradition. Dazu gehört seit dem vergangenen Jahr, als es nur eine private, stille Gebetsstunde mit dem Stadtdechanten gab, dass das Dreigestirn am Dreikönigenschrein den Segen der Heiligen Drei Könige empfängt und mitnimmt in die so besondere Session. Wie die Wallfahrer und Pilgerinnen, die sonst einmal im Jahr zur Dreikönigswallfahrt kommen, durften sie anschließend unter dem Schrein hergehen. Über ihren Masken sah man strahlende Augen, Rührung, Andacht und Freude. Auf in eine gesegnete Session!

 

Henning Schoon / Hildegard Mathies

 

Die Predigt von Stadtdechant Msgr. Robert Kleine können Sie hier abrufen und nachlesen. Die Ansprache von Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger gibt es hier zum Abrufen und Nachlesen.

 

Nach dem Gottesdienst war das Dreigestirn zu Gast bei DOMRADIO.DE. Das Interview können Sie hier nachlesen.

 

DOMRADIO.DE übertrug den ökumenischen Gottesdienst für Karnevalisten im Kölner Dom. In der Mediathek finden sich die Predigten sowie der gesamte Gottesdienst im Video, das Sie auch direkt hier abrufen können.

 

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