„Der 8. Mai ist Auftrag und bleibende Mahnung“: Großes DOMRADIO.DE-Interview mit Stadtdechant Robert Kleine zu 75 Jahre Kriegsende

8. Mai 2020; ksd

 

Köln. Es ist bis heute ein Wunder für die Kölnerinnen und Kölner, dass der Dom den Zweiten Weltkrieg überstanden hat. Nicht unversehrt, aber weiter in seiner stolzen Größe ragte er aus den Trümmern der Stadt. Für die Menschen wurde er damit zum Hoffnungszeichen. Am 8. Mai jährt sich in diesem Jahr das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 75. Mal. Mit der Aufführung des Friedensoratoriums „LUX IN TENEBRIS“ von Helge Burggrabe und vielen Veranstaltungen darum herum war ein großes nationales und internationales Gedenken geplant. Von Köln, vom Dom aus sollte eine starke Friedensbotschaft in die Welt gehen. Corona hat die große Vision auf Eis gelegt – nicht jedoch das Gedenken. Der Kölner Stadt- und Domdechant Robert Kleine erklärt im großen Interview mit Beatrice Tomasetti auf DOMRADIO.DE, warum der 8. Mai nicht nur ein Datum der Erinnerung ist, sondern vor allem auch ein Tag der Dankbarkeit – und eine bleibende Mahnung, wachsam zu bleiben und sich für Demokratie und Freiheit einzusetzen.

 

Der 8. Mai ist von unvergleichlicher Bedeutung, betont Kleine im Interview. Er bedeute „einen Rückblick auf eine Schreckensherrschaft mit zig Millionen Toten, Heimatlosen und Traumatisierten sowie Erinnerung und Dank für das, was aus unserem Land geworden ist“, so der Stadtdechant. Aus den Trümmern sei „unsere Demokratie erwachsen und auch ein geeintes Europa“. Zugleich sei dieser Tag der Auftrag, eine bleibende Mahnung und „das Ausrufezeichen“ einer wehrhaften Demokratie.

Während des Nationalsozialismus hätten die deutschen Bischöfe nicht immer „eine glorreiche Rolle“ gespielt und es versäumt, zur rechten Zeit ihre Stimme zu erheben, räumt der Stadtdechant ein. „ Daraus sollten wir die Lehre ziehen, immer dann aufzustehen, wenn es nötig ist. Die Bilder unserer zerstörten Stadt können da Mut machen. Als alles am Boden war, verband die Menschen Solidarität und der Wille, einander beim Wiederaufbau einer Existenz zu helfen.“ Dieses sprichwörtliche „ Auferstehen aus Ruinen“ habe funktioniert und könne die Menschen auch heute ermutigen.

2020 sei es jedoch vor allem ein Land wie Syrien, „das unserer aller Unterstützung bedarf, weil ein jahrelanger brutaler Krieg dafür sorgt, dass das Land von Grund auf neu aufgebaut werden muss“, so Kleine. „ Wieder geht es um Hoffnung und Aufbruch für die Bevölkerung. Wieder stehen wir vor einer Mammutaufgabe. Die Menschen damals an der Zeitenwende von Krieg und Frieden haben bewiesen, dass sie mit diesen Werten des Füreinander-Einstehens etwas bewegen und ganz viel Kraft mobilisieren konnten. Im Rückblick auf die Geschichte und das Jahr 1945 bin ich daher ganz zuversichtlich, dass wir auch die momentane Krise in großer Solidarität miteinander bewältigen werden.“

Die coronabedingte Absage des großen Gedenkens mit „LUX IN TENEBRIS“, das von vielen Künstlern und allen Mitwirkenden mit viel Herzblut vorbereitet worden sei, sei eine schmerzliche Entscheidung gewesen, berichtet Kleine. Doch im kommenden Jahr solle die Aufführung unter der Überschrift „75+1“ realisiert werden – „in der Hoffnung, dass die Corona-Krise dann hinter uns liegt und wir im Rückblick zusätzlich der vielen ,Licht‘-Momente, die dieses aktuelle Krisenjahr mit dem vielfältigen Engagement der Menschen für Hilfebedürftige, Alte und Einsame zutage gebracht hat, gedenken können‘, so der Stadtdechant. „Die Überwindung dieser akuten Pandemie könnte dann zu einem bewussten Teilaspekt einer solchen Feier werden, in die vor allem auch unser Dank mündet, nun wieder nach vorne schauen zu können.“

 

Das komplette DOMRADIO.DE-Interview von Beatrice Tomasetti mit Stadtdechant Robert Kleine können Sie hier online nachlesen.

 

Ein Video der Kölner Dommusik mit einer Motette aus dem Friedensoratorium „LUX IN TENEBRIS“ und einer Ansprache von Msgr. Robert Kleine finden Sie hier.

 

„LUX IN TENEBRIS“, das coronabedingt abgesagt werden musste, soll im Mai 2021 im Kölner Dom nachgeholt werden. Wir werden Sie rechtzeitig informieren.

 

Zurück